Dies ist erst das zweite Mal, dass wir an einem Ort sind wo sich viele Langfahrtsegler versammelt haben, denn bisher waren wir immer außerhalb der Saison oder Abseits der Trampelpfade unterwegs.Vor knapp zwei Jahren in Las Palmas/Gran Canaria ist es uns noch nicht so aufgefallen, weil wir selbst erst neu in der Szene waren, aber jetzt sieht man doch die Dinge bereits mit anderen Augen. So liegt gleich neben bzw. hinter uns (kommt darauf an wie uns Wind und Strömung drehen) ein französisches “Wrack“. Vor ein paar Tagen kommen plötzlich drei junge Männer auf einem abgewrackten Jet-Skirumpf der ersten Generation mit einem hustenden 2,5PS-Motörchen und fangen an das Innenleben dieses Schiffes auszuräumen und an Deck zu stapeln.
Eigentlich hätten wir erwartet, dass sie alles irgendwie an Land zum Entsorgen schaffen, aber weit gefehlt. In einer alten Stahlbox an Deck wurde einfach ein Feuerchen entzündet und sie haben langsam angefangen alles zu verheizen. Wir haben diese Szene mit gemischten Gefühlen betrachtet und das Ablaufdatum auf unseren Feuerlöschern kontrolliert, denn kein normaler Mensch macht ein großes offenes Feuer auf einem Kunststoffschiff und lässt noch dazu die schattenspendende Plastikplane weiter lustig über dem Cockpit wehen. Nach vier Tagen ist es ihnen dann doch zu mühsam geworden und sie haben damit begonnen, die kleineren Teile ins Wasser zu werfen und die großen Teile mit einem kleinen Optimisten an Land zu schaffen (was sie in der Dunkelheit getrieben haben wollen wir gar nicht genau wissen).Hier hängen einige Schiffe vor Anker, bei denen man nicht glauben sollte, dass sie noch seetauglich sind, aber zu unserer Verwunderung sind sie bewohnt und werden auch benutzt (die meisten sind Franzosen). Oder es gibt z.B. Segler, die zu jedem größeren Schiff, dass einläuft hinfahren und sich dann am Abend zum Essen und Trinken selbst einladen (bei kleinen Schiffen erwartet man eine Gegeneinladung, den Eignern von Superyachten ist es jedoch egal) und so günstig leben können.
Der Unterschied zwischen den Schiffen, die um viel Geld in der Marina liegen und denen die kostenlos vor der Marina ankern, könnte oft größer nicht sein. Hier sehen wir viele Segler, die bereits seit Jahren unterwegs sind, jedoch nicht weiterkommen oder vorne und hinten kein Geld haben und hoffen auf Kosten anderer günstig leben zu können (was scheinbar auch gut funktioniert). Es gibt aber auch die Stillen, die fast unbemerkt und oft verkannt sind wie Jean-Francois Diné, der mit seinen beiden Kindern auf der Folle Avoine einem 10m-Stahlschiff lebt. Er war Gendarm in der Nähe von Paris und hat sich vor mehr als 20 Jahren vom System freigemacht. Nun lebt er von einer kleinen Pension und dem Erlös seiner Bücher. Seine Geschichten sind wirklich mitreißend und sein Stil ungeheuer lustig.
Er hat uns seine ersten beiden Werke -“Tausche Uniform gegen Ozean“ und “Vom Orinoco zum Amanzonas“ geliehen und wir haben sie buchstäblich verschlungen. Er dürfte sehr zufrieden mit seinem Leben sein, denn auch wenn der Weg noch so weit ist und die Wellen hoch, er sitzt munter pfeifend in seinem kleinen Ruderboot und kommt auch irgendwann an Land (er hat ja Zeit). Nachdem sie ihm das dritte Mal den Motor gestohlen haben kauft er sich einfach keinen mehr.
sytaurus hat am April 15th, 2012 04:48 geantwortet:
wir passen immer gut auf, aber scheinbar manchmal nicht gut genug. Anfang der Woche geht es dann weiter westwärts der Sonne hinterher.