Im Morgendunst taucht Madeira vor uns auf, kaum fünf Stunden später liegen wir sicher vertäut im Hafen von Funchal an der Mole. Der erste Landfall auf unserer langen Reise um die Welt. Knapp 1.600 NM haben wir von Amsterdam aus zurückgelegt, eigentlich eine riesige Strecke, jedoch verglichen mit dem was noch vor uns liegt ein Katzensprung. Obwohl die Überfahrt ein wahres Traumsegeln war und uns selbst die Biskaya trotz der Jahreszeit, mehr als wohlwollend empfangen hat, war jede Meile von Selbstzweifeln geprägt. Haben wir die richtige Entscheidung getroffen, alles aufzugeben und einfach los zu segeln und wenn ja, sind wir gut vorbereitet, haben wir uns mit unserer ersten Hürde – Kap Hoorn – nicht ein wenig zu viel vorgenommen? Vielleicht sollten wir einfach durch Gibraltar und ein wenig im Mittelmeer herum schippern?
Aber nach den ersten paar Tagen, als wir den Unterschied zwischen Urlaub und dem Leben auf einem Segelboot kennenlernen, verfliegen all die Zweifel schnell und wir haben bis heute unsere Entscheidung keine Sekunde bereut, diesen Schritt gewagt zu haben!
Das erste was wir lernen mussten war, dass Langzeitsegler ein sehr buntes Völkchen sind. Wir alle kommen aus unterschiedlichen Ländern, verschiedenen Kulturen und sozialen Schichten. Wir genießen es zwar, wenn wir mal zusammen sind und pflegen dann gewöhnlich auch sehr intensive Kontakte, jedoch letztendlich sind wir doch alle Individualisten mit meist sehr ausgeprägten Charakteren und schlussendlich geht jeder seinen eigenen Weg, da jeder eine andere Vorstellung von dieser Lebensweise hat. Daher sind Tipps und Informationen, die für einen toll sind für den anderen unbrauchbar und man muss sich einfach selbst vieles erarbeiten, erfahren und erlernen. Auch Misserfolge oder Fehlentscheidungen bleiben da manchmal nicht aus. Da wir uns für die Route um Südamerika herum entschieden haben und diesen beschwerlichen Weg nur relativ Wenige gehen, blieb uns auch gar nichts anderes übrig als uns selbst zu überlegen wie wir ankern, das Wetter beurteilen, Lebensmittel haltbar machen, das Schiff warten, Fische fangen und natürlich wie wir mit den vielen unterschiedlichen Kulturen umgehen, die wir auf unserer Reise treffen. Es hat sich sehr bald heraus kristallisiert, dass der Kontakt mit anderen Kulturen den wichtigsten Punkt unserer Reise darstellt. Daher versuchen wir möglichst oft, länger an einem Ort zu verweilen, denn nur dadurch werden wir vom Urlauber zum Freund oder sogar Teil der lokalen Gesellschaft mit allen Rechten und Pflichten.
Aufgrund vieler, für uns, unzutreffender Informationen aus Büchern und von anderen Seglern haben wir Südamerika ein wenig zu schnell umsegelt, vor allem die vier Monate Patagonien waren nach heutiger Sicht viel zu kurz. Jedoch als wir in den Pazifik aufbrechen, sind wir entschleunigt genug um diesen Fehler nicht nochmals zu begehen. Wir informieren uns auf vielerlei Art über unsere mögliche Ziele, sehen sie uns dann an und bleiben solange es uns gefällt oder die Wettersituation es erlaubt. Auch planen wir nicht mehr langfristig, sondern entscheiden uns spontan wie es weitergehen soll. Wir haben unseren Weg und unsere Geschwindigkeit gefunden!
Nach knapp drei Jahren im Pazifik entscheiden wir uns wieder in den Norden zu segeln, über Japan nach Alaska. Jedoch gerade als wir die Salomonen verlassen wollen erleidet Babsi nach einem Tauchgang eine Art Schlaganfall und wir müssen für rund fünf Monate eine Zwangspause einlegen. Nach all den Untersuchungen und Behandlungen konnte bis zum Ende nicht eindeutig geklärt werden, wo eigentlich das Problem lag, der Tauchgang war zwar wahrscheinlich der Auslöser, jedoch ein typischer Tauchunfall war es nicht. Dieser Vorfall veränderte erheblich die Sichtweise auf unser Leben. Es hat uns gezeigt, wie schnell sich alles ändern kann und wie wichtig es ist seine Träume zu verwirklichen. Wir waren nun überzeugt, dass wir diese Fahrt nur gemeinsam zu Ende bringen wollen.
Zurückgekehrt auf unser Schiff entschieden wir innerhalb weniger Tage, dass wir nicht nach Norden sondern nach Westen Richtung Kap der guten Hoffnung segeln wollen und starteten in der schon fortgeschrittenen Saison von den Salmonen über Papua Neuguinea durch die Torres Straße. Haben noch traumhaft schöne Stopps in Cocos Keeling, dem einsamen Chargos Archipel, Rodrigues, Mauritius und Reunion genossen und sind dann Anfang Dezember in Südafrika angekommen. Dort haben wir dann unsere treue Taurus wieder hergerichtet, drei Jahre tropischer Pazifik und der stürmische Indik haben unserem zuverlässigem Schiff ordentlich zugesetzt. Genau vier Jahre und vier Tage nach dem Kap Hoorn haben wir das zweite große Kap – das Kap der guten Hoffnung – gerundet und sind nun endgültig auf dem Weg nach Norden.
Heute ist der 15.03.2015, vor genau fünf Jahren haben wir Wien verlassen um mit unserer Taurus, welche in den Niederlanden auf uns gewartet hatte, zu einer Reise aufzubrechen die unser Leben verändern sollte. Wir lernen neue Freunde in der ganzen Welt kennen, mit vielen sind wir immer noch in Kontakt. Wir werden in die große Familie der Langzeitsegler aufgenommen, mit ihren zwar kurzen aber dafür umso intensiveren Kontakten und wir haben das Privileg Orte besuchen zu dürfen, die nur sehr wenige Menschen zuvor besuchen konnten.
Wenn wir mit Freunden, Bekannten oder auch fremden Menschen reden, stellen wir sehr häufig fest, dass es für viele sehr schwierig ist unsere Lebensart zu verstehen. Daher sind wir ganz besonders überrascht, aber auch froh über die vielen Leute, die Anteil an unserer Reise nehmen und uns somit auf ihre Art (trockenen Fußes) begleiten. Wir haben unseren Blog anfänglich eigentlich nur für Familie und Freunde gemacht um diese am laufenden zu halten und jedes Mal wenn wir uns mal die Besucherzahlen unserer Seite ansehen, sind wir erstaunt wie viele Freunde wir da draußen eigentlich haben. Leider ist das Internet anonym, ganz anders verhält es sich mit den Bildershows, welche wir in den fünf Monaten Zwangsaufenthalt in Wien gehalten haben. Wir haben die Gesichter und auch Geschichten hinter unseren virtuell Mitreisenden gesehen und gehört. Wir würden uns daher sehr über viele Kommentare, E-Mails oder dergleichen von euch Bloglesern da draußen freuen, damit wir den, mehr als nüchternen, Zugriffsstatistiken unserer Webseite auch Menschen zuordnen können.
Die Vorträge haben uns gezeigt, dass viele Menschen ohne seglerischem Hintergrund unsere Reise verfolgen. Das freut uns ganz besonders, da es uns ja auch in erster Linie ums Reisen geht und das segeln, eigentlich nur die von uns gewählte Fortbewegungsart darstellt. Gerade von nicht Seglern bekommen wir oft Fragen die einen Segler natürlich ein wenig verwundern, die jedoch mehr als berechtigt sind. Es ist an der Zeit auch mal auf diese Fragen einzugehen:
.) Was macht ihr bei langen Überfahrten in der Nacht? Na ja, unsere Ankerkette hat gerade mal 90m und erreicht in den wenigsten Fällen den Grund, daher müssen wir wohl oder übel weitersegeln! Es ist immer einer von uns auf Wache und hält Ausschau. Es gibt viele unterschiedliche Wachsysteme bei uns jedoch mache ich von Sonnenuntergang bis Mitternacht und Barbara von Mitternacht bis Sonnenaufgang. Den Tag verbringen wir gemeinsam, jedoch schläft jeder von uns am Tag auch noch ein paar Stunden.
.) Ernährt ihr euch nur von Dosen? NEIN! Glücklicherweise sind nur wenige Fahrten länger als eine Woche, daher haben wir meist genug frische Produkte zur Verfügung. Wir haben zwar viele Dosen, aber das sind meist entweder “Notfutter“ oder Schmankerln, wie Sauerkraut, Spargel, Kohlsprossen, … wenn wir mal zu der häufig, sehr eintönigen Nahrung in gewissen Ländern eine Abwechslung benötigen. Dazu kommt natürlich immer mal frischer Fisch.
.) Ist es nicht fad dauernd am Schiff zu hocken? Wenn wir dies müssten wäre es das sicher, jedoch statistisch gesehen segeln wir nur rund 15% unserer Zeit, den Rest verbringen wir vor Anker oder in Häfen und versuchen so viel als möglich herumzukommen.
.) Streitet ihr häufig wenn ihr doch 24/7 zusammen seid? Eigentlich nicht, unser Zusammenleben verläuft harmonischer als in Wien. Da sind wir schon mal nach einem stressigen Arbeitstag aneinandergeraten, aber am Schiff hat jeder seine Aufgabe, für die er zuständig ist. Der andere unterstützt diese zwar und kann Meinungen abgeben, aber das war´s dann auch schon.
.) Was war die höchste Welle, der stärkste Sturm, das gefährlichste Erlebnis? Sehr schwierig zu beantwortende Fragen, die Gefährlichkeit von Wellen oder Stürmen sind nicht so einfach durch Zahlen anzugeben. Ein Sturm auf hoher See und tiefem Wasser kann zwar sehr hohe Wellen hervorbringen, jedoch sind diese meist sehr lange. Eine Borawelle in Kroatien kann weit unangenehmer sein als eine sechs Meter Welle mitten am Nordatlantik. Den stärksten Wind haben wir vor Argentinien mit weit über 60Ktn erlebt, jedoch 40Ktn am Ankerplatz in Fidschi haben uns wesentlich mehr sorgen bereitet. Was das gefährlichste Erlebnis betrifft ist es meist eigene Nachlässigkeit.
.) Wo hat es euch bisher am besten gefallen? Dies ist die schwierigst zu beatwortende Frage überhaupt. Rein was die Natur betrifft war es Patagonien, die Lau Inseln, die Gambier Inseln und das Chagos Atoll, neben vielen anderen. Aber eigentlich hat „gefallen“ wenig mit Umgebung zu tun, sondern vor allem mit den Leuten die man trifft, sein es Einheimische oder auch Segler.
.) Wie könnt ihr euch das leisten? Sparen! Wir hatten nie eine teure Wohnung, oder alle paar Jahre ein neues Auto, wir telefonieren nicht 24h am Tag und unsere vielen Reisen haben wir auch immer günstig gehalten. Außerdem sei gesagt, dass unser jetziges Leben günstiger ist als daheim. Das Problem liegt bei Mitteleuropäern eher an der Angst sich ihre Träume zu erfüllen und aus dem Alltagstrott auszubrechen. Wer Ausreden sucht wird sie auch finden jedoch Geld ist in den seltensten Fällen das Problem.
Barbara und ich möchten uns wirklich recht herzlich für das viele Interesse von euch bedanken denn es ist viel schöner, Erlebnisse zu teilen als sie einsam herumzutragen! Wir hoffen mal von euch zu lesen oder zu hören.
Und weil das Fünfjahresjubiläum ein guter Zeitpunkt ist möchten wir unserem Administrator Johnny danken, ohne dessen Eingreifen der Blog wohl kaum fünf Jahre lang lauffähig gehalten werden konnte. Unserem Dank gilt auch Andi, Wolfgang, Karin, Werner, … und den vielen anderen, die uns immer mit Rat und Tat beiseite gestanden sind und unermüdlich Ersatzteile, Informationen oder Material besorgt und geschickt haben. Sowie natürlich der Segelschule Wien, die ebenfalls Materialbesorgungen für uns erledigt hat und uns bei den Multimedia-Shows ihren Saal zur Verfügung stellte. Dem IFT möchten wir danken, für die Möglichkeit die Rechner zum Rändern der Bilder benutzen zu können, sowie für die Hilfe vieler Mitarbeiter.
Ganz besonders möchten wir den unzähligen Personen danken die uns nach Babsi´s Unfall mehr als hilfreich (ob psychisch, beratend oder finanziell) unter die Arme gegriffen haben.
Dank gebührt natürlich auch Barbara`s Eltern für die Unterstützung.
Ein ganz besonderer Dank gilt meiner Mutter und Alexander, welche uns all die Jahre die oft nervenaufreibenden Wege durch die österreichische Bürokratie abgenommen haben, sich um unsere Finanzangelegenheiten und unsere Wohnung kümmern und all die Kleinigkeiten, daheim erledigen die von der Ferne nur schwer durchführbar wären. Vielen Dank unserem Stützpunkt in der Heimat!
sytaurus hat am März 18th, 2015 14:54 geantwortet:
Wir wissen, die Bilder folgen bald, aber im Augenblick sind wirso busy oder schlapp durch die Wüstenhitze. Auch schöne Grusse an deine drei Prinzen!