Neun, zehn, elf,… Knoten, das Schiff zittert (grunzt) vor Vergnügen und die Windsteueranlage schafft es gerade noch so den Kurs zu halten. Von hinten rollen die mannshohen Wellen an und schieben uns zusätzlich zur Strömung noch an.Ok, es ist wie ein Ritt auf einem Rodeopferd, denn die Wellen kommen nicht nur von hinten sondern auch von der offenen See, also seitlich. Es macht trotzdem Spaß wieder auf See zu sein. Ein sehr gutes, langes Wetterfenster haben wir Mitte Jänner leider verpasst, weil unser Schiff noch nicht ganz fertig war und seit dem jagt eine Störung die nächste. Mal von Madagaskar, dann wieder vom Kap kommend – wir sitzen so richtig in der Mitte drinnen und bekommen die Ohrfeigen ab. Fast drei Wochen hocken wir jeden Tag über den Wetterkarten und versuchen die richtige Taktik auszuknobeln, aber permanent verschieben sich die Wetterfenster oder sind einfach zu kurz. Am 9.2. haben wir endlich den Mut gefasst, alle Behördenwege erledigt (die sind hier viele) und stechen gegen Mittag in See. Von Richards Bay bis Durban sind es ja nur 90 Meilen und wir hoffen mit einem 24-Stunden-Fenster auszukommen. Im Hafen Null-Wind und Welle, aber dann draußen. Es schüttelt uns so richtig durch, aber dafür sind wir schnell. Nach nur 15 Stunden stehen wir im Morgengrauen vor der Skyline von Durban mit seinen langen Stränden, dem imposanten Stadion und den vielen Hochhäusern. Erst noch bei der Harbour Authority um Einfahrtserlaubnis angefragt (es ist einer der größten Handelshäfen Südafrikas) werden wir auch schon von einem Boot der Marina abgeholt und in den sicheren Hafen begleitet. Gut so, denn nur ein paar Stunden später hat der Wind bereits um 180 Grad auf Süd gedreht und hätte uns so genau auf die Nase geblasen und das heißt hier beidrehen oder zurückfahren, denn gegen an ist unmöglich.
Hier treffen wir wieder Ingolf und Susi von der Aspasia II die derzeit hier mit einem Motorschaden liegen und versuchen es reparieren zu lassen. Siehe da, in der Marina liegt auch die Alumni, nur sind leider nur die House(boat)keeper an Bord und putzen und wienern wie die Bösen. Stimmt Sylvia und Hansgeorg wollten Mitte Februar ja wieder auf´s Schiff zurück kommen. Abends sitzen wir gerade gemütlich beim Bier, als wir stürmisch begrüsst und umarmt werden. Die Beiden hatten wir das letzte Mal vor knapp 2 Jahren in Vanuatu getroffen und einige nette Abende gemeinsam verbracht bis sich schließlich unsere Wege getrennt haben.
Umso schöner ist dieses Wiedersehen und hoffentlich segeln wir noch eine Zeitlang einen gemeinsamen Weg. Lange wollen und können wir nicht in Durban bleiben, nur bis zum nächsten Wetterfenster mit NO-Wind, denn unser Visum läuft bereits in drei Wochen aus und es ist noch ein langer und nicht unproblematischer Weg bis ums Kap. Wir wären ja gerne noch ein paar Tage in die Drakensberge gefahren, aber die Wetterfenster um weiterzukommen werden immer rarer und kürzer und so sitzen wir eben permanent am Sprung. Bei allen Seglern sieht man derzeit die Fragezeichen und Rauchwölkchen über den Köpfen schweben, wenn sie über den Wetterprognosen brüten ob und wann es weitergehen kann.
Aber zumindest einen Tag gönnen wir uns in der uShaka Marine World, einem großartigen Aquarium mit Delphinshow und anschließendem Water-Funpark mit 18 Wasserrutschen!!!! Wir lassen uns gemeinsam in großen Schwimmreifen romantisch durch die Kanäle treiben oder rutschen todesmutig den Kamikaze, eine fast senkrechte 18m hohe Wasserrutsche hinunter. Soviel Spaß und Wassereinläufe hatten wir schon lange nichtmehr. Nach sechs Tagen sehr wechselhaftem Wetter bietet sich endlich das nächste, jedoch sehr knappe Wetterfenster an.Für 260 sm nur etwa 40 Stunden, das wird eng.
Nachdem wir wieder mal von Hafenmeister zum Zoll, dann zur Einwanderungsbehörde, der Polizei und dann wieder der Hafenbehörde gewandert sind, dürfen wir noch zwei Stunden vor Abfahrt die Immigration anrufen, die dann auch noch am Schiff vorbeikommen will. So rufen wir wunschgemäß um 1 Uhr Nachts an und warten uns dann geschlagene drei Stunden. Wutentbrannt rufe ich dort nochmals an und man erklärt mir, dass der Officer uns am Steg nicht gefunden hat. Na wie viele Schiffe haben wohl um 3 Uhr nachts volle Beleuchtung an – ihr Armleuchter!? Christoph findet ihn dann am Tor, aber schlussendlich traut er sich nichtmehr in meine Nähe und wir dürfen, ohne dass er das Schiff gesehen hat, mit seinem Segen ablegen. Tja, die Bürokratie erlebt hier ihre Hochblüte und nun wissen wir auch warum über hunderte Kilometer riesige Baumplantagen sind, denn so viel Papier wie hier verbraucht wird muss man erst mal erzeugen. Wir machen das Beste draus und kommen genau zum Sonnenaufgang aus dem Hafen. Erst müssen wir noch die Maschine mitlaufen lassen, damit wir die erforderliche Geschwindigkeit von mindestens 8 Kn erreichen, aber schon bald setzt der Wind entsprechend ein und wir düsen mit 10-11 Knoten dahin. Bereits am nächsten Nachmittag laufen wir in East London ein – 266 Seemeilen in 33 Stunden das ist nicht schlecht und wieder mal gerade noch so geschafft.
Bereits am Abend schlägt der Wind um, es regnet und stürmt und riesige Brecher rollen über die Hafenmauer, aber wir liegen gut geschützt dahinter an einer Mooring und gehen genüsslich erst in die heiße Dusche und dann auf ein kaltes Bier in den Yachtclub. Bis Sonntag sollte sich dann die Naturgewalten ausgetobt haben und das nächste Wetterfenster für die Weiterfahrt öffnen – na schauen wir mal!
sytaurus hat am Februar 27th, 2015 08:55 geantwortet:
Hallo Strohwitwer,
na wieder ganz am Damm oder geniesst du einfach nur die Ruhe ? So ein bisschen vermissen wir schon die europäische Kultur (Oper, klassische Konzerte,…) aber dafür gibt es halt lokale Folklore und Livemusic (mal besser, mal schlechter) und gelegentlich ist es sogar tanzbar. Langsam geht es ja jetzt am Heimweg – schnüff! Na dann entmotte mal dein Segelgewand, Ostern ist nicht mehr so weit!