Wir haben es geschafft, gestern um 09:20 UTC haben wir das Kap Agulhas, die südlichste Spitze Afrikas, passiert und sind jetzt wieder im Atlantik. Exakt vor vier Jahren und fünf Tagen hatten wir das Kap Hoorn gerundet und den Atlantik in Südamerika verlassen. Seit dem haben wir den gesamten Pazifik und Indischen Ozean gequert. Schon meilenweit hat uns das starke Leuchtfeuer vom Kap der guten Hoffnung geleitet, aber um 22:30 UTC hatten wir es dann querab und genau zum Sonnenaufgang sind wir an der beeindruckenden Bergkulisse rund um Kapstadt vorbeigefahren, die sich jedoch um diese Zeit noch recht züchtig unter einer dicken Wolkendecke bedeckt gehalten hat.
Aber wen interessiert das, wenn sich neben uns im Wasser Robben, Pinguine und Delphine tummeln. Als dann noch direkt neben uns Wale auftauchen ist unser Glück perfekt. Beim ersten Wal werfen wir noch das Ruder rum und fahren zurück um Fotos zu machen, aber dann sehen wir nach und nach auf unserem Weg immer wieder neugierige Meeresriesen auftauchen, die uns beäugen und lautstark ausblasen – dieses Schauspiel ist wirklich einzigartig. Ich sitze im Cockpit und schaue gerade im Laptop unseren weiteren Kurs an, als es plötzlich einen lauten Rumms macht.
Verdammt wir haben irgendetwas gerammt! Christoph schießt wie von der Tarantel gestochen von unten herauf in der Annahme, dass wir aufgelaufen sind, aber ich habe mich nicht vernavigiert. Jedoch sehen wir wie drei Wale hinter unserem Heck queren. Wir haben doch glatt einen von diesen süßen Meeressäugern gerammt, oder vielleicht er uns? Wer weiß das schon so genau, aber zum Glück ist weder ihm noch unserem Schiff etwas passiert. Er hat wahrscheinlich jetzt nur schreckliche Kopfweh oder Rückenschmerzen.
Generell ist die Tierwelt in kälteren Gewässern vielfältiger und reicher. Es umschwirren uns jetzt wieder Albatrosse, Sturmvögel und Seeschwalben und unser Speiseplan wird von frischen Bonitos und Thunfischen bereichert. Das ist wieder unser Meer. Kurz vor der Hafeneinfahrt steuert ein Gummischlapfen der Polizei uns an und weist uns darauf hin, dass hier ein Wal schwimmt und wir ausweichen sollen. Wir zeigen nur nach hinten und sagen ihnen, dass dort noch viel mehr davon sind, worauf sie uns nur entgeistert anstarren. Tja, man muss eben im Kleinen anfangen.
Wir fahren erst mal in den Royal Cape Yacht Club (RCYC) – sehr elitär und teuer, aber am A… der Welt. Auf jeden Fall müssen wir uns erst mal um ein Auto kümmern, denn die Kapregion will ja auch noch erkundet werden, aber das passiert sicher nicht mehr heute. Seit langem gelten die Gewässer vor Kap Hoorn als die furchtbarsten, in die es ein Segelschiff verschlagen kann. Wir sind nicht dieser Meinung, denn hier vor Südafrika kann der Agulhasstrom einem schon das Leben schwer machen. Er entsteht aus den nach Süden abfließenden Wassermassen des Indischen Ozeans und presst sich durch die Straße von Mosambik zwischen Madagaskar und Südafrika als ein schmaler, reißender, vom kalten Wasser deutlich abgegrenzter Strom weg vom Kap nach Süden und Westen, also direkt gegen das vorherrschende Westwindsystem der südlichen Meere. Wenn diese Weststürme oder plötzlichen Südstürme des Kaps gegen den Agulhasstrom anwüten, stehen Wind und Wasserströmung gegeneinander und sorgen so für heftige Turbulenzen, wie es sie sonst nirgendwo auf Erden gibt. Die Wellen können gewaltig steil, hoch und brechend sein und sogar für die Grosschifffahrt gefährlich werden. Uns hat der Agulhasstrom auf der 200m-Tiefenlinie parallel der Küste mit 3-5 Knoten sehr zum raschen Weiterkommen verholfen. Man muss aber sehr aufpassen, denn die chaotische Wechselhaftigkeit der Gewässer von Südafrika steht im Gegensatz zu den stabileren Verhältnissen vor Kap Hoorn. Nicht nur wir, sondern auch gestandene Seebären, haben gewaltigen Respekt vor der Rundung Südafrikas, denn hier treffen einen die Katastrophen völlig unerwartet. Wir waren auf jeden Fall superschnell – in nur 3 Etappen (Richards Bay-Durban-East London-Capetown) haben wir für die 935 Seemeilen nur insgesamt 6 Segeltage gebraucht – macht eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,5 kn!!!!!
sytaurus hat am März 3rd, 2015 07:52 geantwortet:
Danke, war zum Glück nicht so schwierig wie erwartet. Jetzt geht es merkbar Richtung Heimat, der Atlantik hat uns wieder.