Pitcairn beim Sonnenaufgang
Wir hatten das Glück zwei wundervolle und sehr interessante Tage auf dieser doch so exponierten Insel verbringen zu dürfen. Aber von Anfang an – die Nacht auf Dienstag sind wir bei immer leichter werdenden NO-Wind beigedreht vor der bergigen Insel gelegen und wie es sich gehört hat uns der neue Tag mit einem grandiosen Sonnenaufgang begrüßt. Da alle Revierführer und Berichte vor schlechtem Ankergrund und immensem Schwell warnen, sind wir erst einmal an der Küste lang und haben uns die drei möglichen Ankerplätze angesehen.
Boathouse
Schlussendlich haben wir direkt vor Adamstown in der Bounty Bay auf gutem Sandgrund geankert (25° 03,91´S, 130° 05,72´W). Nachdem wir uns ordnungsgemäß über Funk gemeldet und die armen Leute bereits vor 6 Uhr morgens aus den Betten geworfen haben (immer diese Zeitverschiebung – 3 Stunden seit der Osterinsel!) sind wir mit unserem eigenen Dinghy durch die glasklare und fischreiche Bucht zum Bootshaus gezuckelt. Dort stand schon eine Begrüßungsdelegation in Form von Einwanderungsbehörde, Agrikultur, Tourismusbeauftrage und unserem persönlichen Führer Mike bereit.
die Hafeneinfahrt bei wirklich ruhiger See
Nachdem wir wieder viel Papier ausgefüllt und unseren Obolus in Form einer Landungsgebühr von 70,– US$ bezahlt haben, wurden wir von Heather (Tourismusbeauftragte) in ihrem Golfwagerl die steile Hauptstraße (als einzige sogar asphaltiert)hinauf zum Hauptplatz kutschiert und mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut gemacht. Sie hat uns mit einer Menge Infomaterial versorgt und sich gleich entschuldigt, dass heute und morgen alles geschlossen ist und alle „very busy“ sind , da das vierteljährliche Versorgungsschiff aus Neuseeland erwartet wird.
Adamstown mit Bounty Bay
Mike Christian, die Ruhe in Person, hat dann erst einmal gemeint, dass ohne Kaffee gar nichts geht und hat uns kurzerhand hinten auf sein Quad geladen und ab ging die Post die staubige Straße hinauf zu seinem Haus mit der wundervollsten Aussicht über die Bounty Bay die man sich nur vorstellen kann.
mit bald rüstigen 90 die älteste der Christian`s
Innerhalb kürzester Zeit hatten wir sicher die Hälfte der Bewohner von Pitcairn kennengelernt, denn alle wollten die Neuankömmlinge (und einzigen Touristen) sehen und kamen auf einen kurzen Plausch vorbei. Derzeit leben noch 56 Nachfahren der Meuterer (davon 10 Kinder) auf der Insel – die meisten heißen Christian, Warren oder Young – und noch weitere 9 offizielle Personen aus dem Mutterland England oder Neuseeland (Arzt, Gouverneur, Polizei, Lehrer usw.). Die restlichen Nachkommen der Bounty-Meuterer leben heute meistens in Neuseeland oder Norfolk Island, wohin sie 1856 aufgrund Überbevölkerung umgesiedelt wurden. Eigentlich hatten wir uns Pitcairn relativ einfach und arm vorgestellt, aber weit gefehlt. Dadurch das England jährlich 4 Mio. Dollar investiert, ist hier ein relativ hoher Lebensstandard. Jede Familie hat ein schönes großes gepflegtes Haus und ein oder mehrere Quads (das beste Fortbewegungsmittel auf der Insel) in der Garage, die Hauptstraße ist asphaltiert mit Straßenbeleuchtung und in jedem Haus gibt es Telefon, Fernsehen und Internet.
Saint Pauls Point
Jetzt wird geplant den Tourismus weiter auszubauen und auch einen kleinen Flughafen anzulegen (ein Förderungsprojekt mit EU-Mitteln). Also in ein paar Jahren wird diese Insel sicher zu einem sehr exklusiven Urlaubsspot werden, derzeit dauert es ca. noch 10-14 Tage dieses Eiland von NZ oder Tahiti aus zu erreichen (und dann nur alle 3 Monate oder wenn ein Versorgungsschiff aus Mangareva / Gambier Islands kommt) und ist richtig schön teuer (ca. € 5.000,– p.P. für Oneway).
schwere Entscheidung
In der Zwischenzeit ist auch Mike`s Frau Brenda nach Hause gekommen und hat uns zum Mittagessen eingeladen. Jedoch wollten wir vorher noch unsere bereits eingerosteten Knochen wieder fit kriegen und haben noch einen Inselrundgang gemacht. Obwohl die Insel nur 2 Meilen lang und 1 Meile breit ist, ist es sehr anstrengend, da es permanent bergauf oder -ab geht (abgesehen von dem Staub und der Hitze), aber zum Glück gibt es genug Vegetation. Neben Föhren wachsen Kokospalmen und unter Norfolk Pines, Pfirsichbäume und Zuckerrohr – auch die Vogelwelt ist vielfältig und so viele Fregattvögel wie hier haben wir noch nirgendwo gesehen.
Pitcairner Langboot
Nach gut drei Stunden sind wir verstaubt und verschwitzt wieder zurück gekommen und da hat schon die ganze Familie am Mittagstisch auf uns gewartet. Angenehm auf der Terrasse sitzend, mit einem beruhigenden Blick auf unser Schiff, hätten wir noch stundenlang reden können, aber wir wollten noch vor Sonnenuntergang wieder auf unserem Kahn sein, da die Hafenausfahrt mit ihren Wellen nicht zu unterschätzen ist (außerdem war uns nach einem Sprung ins kühle Nass). Brenda hat uns noch eine ganze Staude Bananen und ein selbstgebackenes Brot ins Dinghy gelegt und so war auch unser Abendessen bereits gesichert.
Mike u. Brenda Christian u. Dave H. Evans
In der Nacht ist dann auch das Versorgungsschiff aus Neuseeland eingetroffen und um 6 Uhr morgens hat es bereits über Funk gedröhnt „Claymore II for Pitcairn Island“ und kurz drauf sind auch schon die Langboote ausgelaufen um die sehnsüchtig erwarteten Waren in Empfang zu nehmen. Dieses Mal hatten sie wirklich Glück, denn es war kaum eine Brandung (wir haben jedoch Bilder gesehen wie es sein kann – unglaublich) und so ist das Entladen relativ unproblematisch und schnell vonstattengegangen.
unser Inseltaxi
Wir sind auch an Land gefahren und haben ein wenig zugesehen, bis uns dann Dave (kommt eigentlich aus Alaska und war mit einer Pitcairnerin verheiratet) auf seinem Quad zu einer Inselrundfahrt überredet hat. Schnell ein Brett und einen Polster auf den Sozius und zwei Halteleinen montiert und schon ging es los über Stock und Stein zu den höchsten Klippen und beeindruckensten Plätzen und der Insel. Wir waren echt froh, denn zu Fuß hätten wir dies wahrscheinlich in einer ganzen Woche nicht geschafft, abgesehen davon dass wir vieles gar nicht gefunden hätten und Dave`s Erklärungen einfach spitze waren.
Tedside (hier kann man auch ankern)
Er ist jetzt in Pension, hat aber viele Jahre unter anderem auf Pitcairn gearbeitet und dort Landvermessungen gemacht, Observatorien aufgestellt oder ein Erdbebenwarnzentrum errichtet und sich sehr mit der Historie der Insel und den Familiengeschichten befasst. Zu Mittag haben wir dann bei Betty u. Tom Christian im „Down Fletcher“ gespeist und Betty hat uns noch Relikte der Wracks der Bounty sowie der Acadia aus dem Familienbesitz gezeigt. Inzwischen haben sich bereits alle Bewohner von Adamstown beim Bootshaus versammelt, denn das Versorgungsschiff sticht wieder in See und nimmt zwei Pitcairner mit.
Die eine Hälfte kommt zum Verabschieden
Auch wir dürfen mit dem Langboot mit raus fahren und den beiden auf Wiedersehen sagen. Es ist schon faszinierend wie viel Power in diesen Booten steckt (150PS) und wie geschickt sie gefahren werden – so merken wir erst gar nicht, wie ruppig bereits das Wasser geworden ist. Natürlich kommen wir nicht gleich zurück zu unserem Schiff, denn viele wollen noch ein paar Worte mit uns wechseln oder uns für die nächsten Tage einladen. So kommen wir erst gegen Abend selbst in den Genuss mit unserem kleinen Bananaboot aus dem Hafen zu fahren.
... die andere Hälfte wartet an Land
Schon die letzte halbe Stunde haben wir mit Unbehagen die sich vor der Hafeneinfahrt brechenden Wellen beobachtet und versucht den richtigen Zeitpunkt abzupassen. Also Augen zu und los, denn irgendwann müssen wir es ja wagen – gerade draußen und genau da kommt eine riesige Welle, die sich schon an der Spitze zu brechen beginnt. Eine Umkehr ist nicht mehr möglich, so steigen wir auf und knallen dahinter ins Wellental – eigentlich habe ich gedacht, das unser letztes Stündlein geschlagen hat und wir tot sind oder zumindest das Boot kaputt ist, aber zum Glück ist nichts passiert. Auch die nachfolgende Welle (es sind immer mehrere) haben wir, das Boot und der Außenborder überlebt (ein echtes Wunder).
Radaranlage auf Pitcairn
Die folgende Nacht war eine der schlimmsten der ganzen Reise, denn das Schiff hat gebockt und das Ankergeschirr geächzt wie noch nie zuvor. Kurz nach dem Morgengrauen hat sich dann der Hahnepott mit samt den Ruckdämpfern und Kettenhaken mit einem lauten Knall in die Tiefen der Bounty Bay verabschiedet und wir haben binnen Minuten einen Notstart hingelegt. Notgedrungen haben wir die Sachen auf dem Grund des Meeres gelassen, denn danach zu tauchen wäre bei diesen Wellen lebensgefährlich gewesen. So konnten wir uns nur mehr über Funk für die Gastfreundschaft bedanken und haben direkten Kurs auf Französisch Polynesien / Gambier Island gesetzt. Was lernen wir daraus – glaube nie einem Wetterbericht, denn der hatte auch weiterhin kaum Wind und Wellen angekündigt und vertschüsse dich rechtzeitig wenn es ruppig wird, dann hast du keinen Schaden! (Übrigens die Ankerbasis dürfen wir jetzt auch wieder schweißen)