Gestern ist eine ausgeprägte Front mit starken Böen und Regenwolken über uns weggezogen – es war eigentlich der erste Tag seit wir hier sind, wo es nicht traumhaft schön war. Aber genau auf diesen Durchzug haben wir gewartet, denn wir hängen uns in altbekannter Manier an und lassen uns (hoffentlich) bis in die Passatzone mitziehen. So haben wir gestern mal einen Tag mit lesen am Schiff verbracht und haben uns vom Schwanken in den Schlaf wiegen lassen.  Heute sind wir gleich morgens ins Dinghy gesprungen und haben uns die Zarpe bis zur Isla Pascua (Osterinsel) geholt und noch ein bisschen Frischware für die ersten Tage auf See eingekauft, uns von unseren neuen Freunden verabschiedet und dieses idyllische Plätzchen verlassen.

Ciao Robinson Crusoe - wir legen ab!

Nun schippern wir ca.  1.700 sm (ca. 3.100km) westwärts und werden wir ca. 3-4 Wochen unterwegs sein bis wir das nächste Mal wieder Land betreten – Rapa Nui wir kommen!

BMS Almirante Merino (rechts)

heute am frühen Morgen ist die BMS Almirante Merino (ein U-Boot Versorgungsschiff) wieder in See gestochen, etwas wehmütig haben wir ihnen hinterher gewunken, denn wir hatten mit ein paar der Offiziere bereits Freundschaft geschlossen. Am Vorabend sind noch zwei von ihnen auf einen Plausch zu uns an Bord gekommen und Felipe hat uns zum Abschied noch zwei echte Mützen von seinem Schiff geschenkt – jetzt gehören wir auch zur Armada de Chile!

hoher Besuch von zwei Offizieren

Es war echt eine nette und sehr interessante Zeit mit ihnen, besonders lustig war es, als Christoph Felipe mal mit unserem kleinen Bananaboot und dem 4PS-Schnurpserl zurück zum großen Marinekreuzer gebracht hat, da sind alle an der Reling gestanden und haben sich königlich amüsiert. Das nächste Mal sind sie dann lieber doch mit ihrem eigenen großen Gummischlapfen und dem starken Außenborder angebraust gekommen. Auch hat heute das Versorgungsschiff am Pier angelegt – bereits seit den frühen Morgenstunden werden Unmengen an Treibstofffässern und Gasflaschen ausgeladen.

jeder bekommt sein Paeckchen ab!

Der Kran und der Gabelstapler kommen den ganzen Tag gar nicht zur Ruhe. Da uns gesagt wurde, dass frisches Obst und Gemüse sehr schnell vergriffen ist, sind wir umgehend hin gefahren, aber die Verteilung der Lebensmittel und Post hat noch bis zum späten Nachmittag gedauert. Erst dann konnten wir in der kleinen aber feinen Auswahl gustieren und haben uns nur für ein paar Tomaten, Paprika und Zucchini entschieden jedoch dafür aber Apothekerpreise bezahlt.  (die normalen Sachen in den Minimärkten sind ca. 20% teurer als am Festland, aber das Gemüse kostet gut doppelt so viel). So werden wir mit unseren vorhandenen Vitamin-Ressourcen eben besser haushalten müssen (wir sind ja vorgewarnt worden, dass es bis zu den Südseeinseln eher schwierig und teuer sein wird).  Inzwischen kennen wir wahrscheinlich bereits mehr als die Hälfte der Einwohner, denn auf jeder Ecke grüßt man uns bereits und in den allgemeinen Tratsch im Supermarkt werden wir auch schon mit eingebunden. 

Moby Dick laesst gruessen

Trotzdem fahren wir in den nächsten Tagen weiter, denn die Osterinsel ruft und vielleicht sehen wir weiter draußen die Wale besser, die die letzten Tage immer wieder in die Bucht schwimmen und vor der Küste vorbeiziehen.

Cumberland-Bucht

Beim Anblick der vielen blühenden Büsche und Blumen ist uns gerade bewusst geworden, dass wir bereits vor 3 Tagen Frühlingsanfang hatten. Bei strahlendem Sonnenschein und wolkenlosen Himmel haben wir heute unsere Wanderschuhe geschnürt und sind auf den Sattel, von wo Alejandro Selkirk jeden Tag nach anderen Schiffen Ausschau gehalten hatte, gewandert. Es sind zwar nur 2,8 km aber 580 Höhenmeter zu bewältigen – eine richtig anstrengende Bergtour. Am Anfang wandert man noch durch schattige Eukalyptuswälder und überall schwirren die knallroten Juan-Fernández Kolibris (Männchen) herum – die Weibchen sind wunderschön grün und blau.

hier uebliches Fortbewegungsmittel

Bereits nach kurzem haben uns einige Reiter überholt (warum sind wir nicht auf diese Idee gekommen!) die natürlich viel schneller und weniger anstrengend auf den Gipfel kommen bzw. ist dieser Weg die einzige Verbindung zur anderen Seite der Insel (außer Schiff natürlich). Auf halber Höhe gibt es einen Abzweiger zu den Resten der Behausung von Alexander Selkirk, aber da hätten wir wieder weit runter zum Bachbett gehen müssen und das wollten wir dann doch nicht unbedingt, da der Aufstieg mit vielen sehr hohen und unregelmäßigen Steinen und Stufen schon anstrengend genug ist. Am Gipfel angekommen sind wir auf einen Felsen gesunken und haben diesen überwältigenden Ausblick erst mal atemlos genossen, aber beschlossen den restlichen Weg bis zur Bahia Tierras Blancas (noch ca. 17 km) doch eher zu lassen. Von hier oben kann man wirklich fast alles überblicken, obwohl es nicht die höchste Erhebung der Insel ist, aber die anderen Felsspitzen dürften nicht begehbar sein.

Blick Richtung Isla Santa Clara

Wir sind jedoch hier oben nicht alleine, denn seit gestern Abend liegen zwei Marineschiffe bei uns in der Bucht vor Anker und permanent brummen Helikopter über unsere Köpfe hinweg. Die Armee hat heute nach 20 Tagen ihre Suchaktion abgeschlossen und die Jungs haben jetzt übers Wochenende frei, bevor sie in ihre Basis zurückkehren. Wir unterhalten uns mit ein paar der jungen Männer und sie erzählen uns von den schwierigen Bergungsaktionen der Wrackteile und der 21 Leichen unter Wasser und wie sehr dies psychisch belastet. Daher haben sie es ich sicher redlich verdient, endlich mal wieder die Sau raus zulassen, was sie auch tatkräftig und lautstark bis in die frühen Morgenstunden gemacht haben.

Weiße Sandstrände, Kokospalmen, Südseeidylle und ein dunkelhäutiger Freitag – so stellt man sich langläufig die Insel, die Daniel Defoe in seinem Buch beschreibt, vor. Es gibt zwar schon ein paar Palmen, aber hauptsächlich riesige Eukalyptusbäume, Nadelbäume, Baumfarne, Buschwerk und alles mit Moosen und langen Flechten bewachsen.

typisches Haus

Unglaublich grün ist es hier und die Wellen umtoste Küste rundherum ist eher sehr felsig und steil, richtige Strände haben wir bisher noch keine entdeckt (aber wer weiß, was sich noch alles vor uns versteckt). Auf jeden Fall haben wir mal wieder richtiges Wetterglück, denn die meisten anderen Schiffe, die vor uns hier waren, haben über hohen Schwell und starke Fallböen berichtet, doch wir liegen hier seit Tagen ruhig wie in Abrahams Schoß.

Seebaer im Anmarsch

Rund um uns im glasklaren Wasser tummeln sich große Fischschwärme und gelegentlich auch mal ein Seebär (aber die sind sehr fotoscheu, man sieht maximal eine Flosse) und wir haben so richtig Lust auf einen Unterwasserausflug bekommen. Endlich können wir auch mal unser Schiff, nach der langen feucht-kalten Zeit in Valdivia wieder austrocknen lassen und so liegen alle Decken, Polster und Matratzen an Deck und unser Schiff sieht aus wie ein bunter Jahrmarktswagen. Gestern haben wir uns die Höhlen, wo vier Jahre lang die Patrioten des Unabhängigkeitskrieges eingesperrt waren und das alte Fort Santa Bárbara angesehen, leider ist davon nicht viel mehr als ein paar alte Kanonen übrig. Jedoch hat man von dort oben einen guten Überblick, wie viel doch der Tsunami im März zerstört hat.

ein Festessen!

Die Welle war hier gute 18m hoch und hat fast die Hälfte der Häuser und die ganze Infrastruktur des Ortes mitgerissen, leider auch den historischen Friedhof, das Museum über das Wrack der MS Dresden und die alte Kirche. Im Augenblick wird hier emsig alles wieder aufgebaut, aber vieles ist noch in den Notcontainern untergebracht. Wir sind gestern mit Hermann u. Gloria ins Gespräch gekommen, die gerade ihr Reisebüro, Tauchbasis und Kajakverleih wieder aufbauen und haben für heute einen Tauchgang verabredet. Mit südamerikanischer Pünktlichkeit (2 Stunden verspätet!) haben wir uns in unsere dicken Neoprenanzüge gequetscht, die Tanks umgeschnallt und sind in die nur 14°C „warmen“ aber glasklaren Tiefen abgetaucht. Leider haben wir aufgrund der noch immer durchgeführten Suchaktionen der Marine bei der Absturzstelle keine Tauchgenehmigung für die Bahia Tierras Blancas (Juan Fernández-Seebärenkolonie) bekommen, aber auch beim Leuchtturm war es sehr interessant. Farbenfrohe Gorgonien und Korallen, Unmengen an Steinfischen, Petermännchen, Flundern, Barschen und Brassen. Aber das Beste – fast in jeder Ritze riesige Langusten!

Tauchdinghy

Nach einer Stunde war uns trotz der dicken Anzüge kalt und wir haben diese phantastische Unterwasserwelt wieder verlassen. Wie verhext, auf dem Schiff hat unsere UW-Camera noch funktioniert, jedoch unter Wasser hat sie nur „Kartenfehler“ angezeigt – echt Mist! Wieder auf unserem Schiff hat uns Hermann noch zwei Lobster fürs Abendessen geschenkt – ein weiteres Highlight des Tages.

Isla Robinson Crusoe am Horizont

Seit gestern ist der Wind immer leichter geworden und somit zum Glück auch die Wellen. Nun gleiten wir mit halber Windstärke fast genauso schnell wie zuvor dahin. Heute Morgen, kurz nach Sonnenaufgang, konnten wir bereits die ersten Konturen der Inseln am Horizont ausmachen und je näher wir gekommen sind, hat alles langsam Formen und Farben angenommen. Schroff und einsam hebt sich dieses Archipel aus dem Meer. Nur an ein paar kleinen Fischerbooten sind wir vorbeigefahren, von den vielen (sogar internationalen) Rettungsschiffen, die nach dem tragischen Flugzeugunglück von vor einer Woche hier nach Überlebenden und Wrackteilen suchen haben wir bisher nichts gesehen.

San Juan Battista

Am Nachmittag sind wir gemütlich in die weite Cumberlandbucht gesegelt und haben uns eine der dort ausgelegten Bojen geschnappt. Von steilen Felsspitzen geschützt und grünen Hängen umgeben ist San Juan Battista mit rund 600 Einwohnern und ebenso vielen Hunden die einzige „Stadt“ auf diesem einsamen Eiland das nur 22 km lang und 7 km breit ist. Wir wurden hier äußerst freundlich begrüßt und schnell waren die offiziellen Formalitäten mit dem Hafenkapitän erledigt.

Hauptstrasse

So hatten wir noch Zeit einen kleinen Rundgang durch den Ort zu machen, um uns ein bisschen besser orientieren zu können und morgen werden wir dann, wenn das Wetter passt, die unglaubliche Umgebung erkunden und mal schauen ob wir noch einen Fußabdruck von Alexander Selkirk alias Robinson Crusoe finden.

Deko fuer unser Schiff

Ach ja, vor zirka zwei Monaten hatten wir doch in Cusco das Problem mit dem Busunternehmen, das in Konkurs war. Damals hatte ich an das Busunternehmen sowie die Reiseagentur jeweils ein bitterböses E-Mail geschickt. Von der Busgesellschaft haben wir nie wieder etwas gehört (kein Wunder), aber die Reiseagentur Ecomanutours hatte uns damals zumindest geantwortet und versprochen sich darum zu kümmern. Für uns war dieses Kapitel eigentlich schon abgeschlossen, das Geld abgeschrieben und ich hatte meinen Frust mit den E-Mails befriedigt. Man glaubt es aber kaum, kurz bevor wir Valdivia verlassen haben, bekamen wir ein Mail von Ecomanotours, wo sie sich nochmals entschuldigt haben und unsere Bankverbindung zwecks Refundierung der Reisekosten haben wollten. Auch in diesen Zeiten geschehen noch Wunder und wir sind total begeistert über die Ehrlichkeit der Peruaner und speziell dieses Reisebüros!!

… so sind unsere ersten zwei Tage auf See verlaufen. Wir haben zwar super Wind mit 20-35 kn aus S, aber dadurch natürlich auch die Kälte und ungebremste Welle direkt aus der Antarktis (und die sind hoch und brechend). Die ersten zwei Tage sind sowieso immer die härtesten, denn bis einem wieder die Seebeine gewachsen sind und man sich so richtig wohl fühlt dauert es seine Zeit. Auch an den geänderten Schlafrhythmus müssen wir uns erst wieder gewöhnen – es kostet oft viel Überwindung sich mitten in der Nacht aus dem warmen Bettchen zu schälen und die Wache zu übernehmen oder ein Segel zu bergen. Ich bewundere da Christoph, der sofort munter ist, aus dem Bett springt und voll einsatzfähig ist. Ich brauche immer erst ein paar Augenblicke bis ich aufstehen kann und dann noch einige Minuten bis ich überhaupt weiß wer und wo ich bin. Da können mir schon mal, wenn ich gerade erst aus dem Tiefschlaf komme, kleine Hoppalas am Ruder passieren, weil mein Orientierungssinn noch blockiert ist. Im Großen und Ganzen schaffen wir es aber trotzdem recht gut. Für die ersten Tage koche ich meistens einen großen Topf Gemüsesuppe vor, denn auch der Magen muss sich erst wieder eingewöhnen und ich erspare mir so kompliziertes Hantieren bei dem Geschaukel unter Deck.

unser staendiger Begleiter

Wir haben unsere Abfahrt perfekt getimt, denn der Wind bläst uns direkt auf die Juan Fernandez-Inseln westlich der SA-Küste zu und wir rauschen mit 6-8 kn (für unser Schiff sehr schnell) dahin. Diesmal kommen uns auch einige Wellen über und letzte Nacht hat uns einer der Brecher die Halterung unseres Solarpanels verbogen, zum Glück haben wir es nicht ganz verloren. Auch die von mir neu genähte Relingsabdeckung hat bereits etwas abbekommen, aber diesen Schaden kann ich bei ruhigerer See rasch wieder beheben. Wenn es so weiter geht sind wir bereits übermorgen auf den Juan Fernandez-Inseln und können den Pfaden Robinson Crusoe`s folgen.

Jetzt ist plötzlich doch alles sehr flott gegangen – die Wettervorhersage für das jetzt folgende (ausnahmsweise ausgedehnte) Hochdruckgebiet ist in den letzten Tagen stabil geblieben. So sind wir gestern bei strömenden Regen zur Armada gestiefelt um eine Zarpe (Fahrgenehmigung – ist in Südamerika vorgeschrieben) für die Juan Fernandez-Inseln und die Osterinsel zu beantragen. Dort wurde unsere Euphorie gleich wieder gebremst, denn der Kommandant hat uns mitgeteilt, dass der Hafen für die nächsten zwei Tage wegen eines Sturmes aus Sicherheitsgründen gesperrt ist. Auch unser Argument, dass wir erst Freitagmittag mit den letzten Ausläufern rausfahren und den Südwind zwischen den Fronten ausnützen wollen, hat ihn nicht erweichen können uns dieses Papier auszustellen.

Pelikane

Da dieses Wochenende der Nationalfeiertag zelebriert wird (vier Tage lang feiern, futtern und saufen!) war unsere Befürchtung, dass wir vor Dienstag nicht auslaufen dürfen und so das Wetterfenster verpassen.

Er hat aber gemeint, er werde am Freitag um 10 Uhr zur Schiffsinspektion bei uns vorbei kommen (zumindest schon mal etwas). So haben wir nur die normalen Lebensmittel eingekauft und sind etwas frustriert aufs Schiff zurückgefahren. Am Abend hat es dann richtig zu blasen begonnen und unsere Taurus hat in den Leinen geächzt. Gegen Morgen war der ganze Spuk, so wie erwartet, vorbei und die Sonne hat wieder vom Himmel gelacht. Wir haben auf unsere Freunde von der Armada gewartet – es wurde 10, 11, … um kurz vor 12 Uhr standen dann zwei Uniformierte vor unserem Schiff. Nachdem sie ihre lange Liste abgearbeitet und uns ein Loch in den Bauch über Rettungsinsel, Leuchtmittel, Kommunikationsgeräte, Feuerlöscher, Medikamente usw. inkl. Ablaufdaten gefragt hatten, haben wir unsere Fahrtbescheinigung erhalten.

mitten in der Hafenausfahrt

Unsere vorsichtige Frage, ob wir vielleicht doch heute schon auslaufen dürfen, wurde mit einem grinsenden „claro, no problemo, buen viaje“ beantwortet. So bin ich noch flott mit dem Bus in die Stadt gefahren die letzten Frischsachen wie Brot, Obst und Fleisch einzukaufen und Christoph hat das Schiff seefertig gemacht und alles fest verzurrt. Pünktlich um 17 Uhr waren wir startklar und unsere dänischen Freunde Poul und Vibeke von der Yacht Pi sind noch zum Verabschieden gekommen und haben unsere letzte Leine vom Steg gelöst. Mit ablaufender Flut sind wir den Flusslauf hinaus in die weite Bucht und dem Ruf des Pazifiks gefolgt, wo dann die Küste Südamerikas nach einem fulminanten Sonnenuntergang hinter uns verschwunden ist.

letzter Blick auf Niebla und Coral in der Bucht vor Valdivia

Wir waren jetzt dreizehn Monate in Südamerika und nicht einen Tag davon möchten wir missen. Nicht die langen weißen Sandküsten Brasiliens, die weiten Steppen Argentiniens oder die unvergleichlichen chilenischen Kanäle und Gletscher Patagoniens – gekrönt von den Wasserfällen Iguazus, Kap Hoorn oder unserer Inlandsreise durch die Anden. Viele schöne Dinge haben wir gesehen und interessante Leute kennengelernt – aber jetzt geht es weiter! Zuerst auf die Inseln von Alexander Selkirk und Robinson Crusoe und dann zu den Moais auf die Osterinsel.

Wir hatten uns als Ziel gesetzt bis Ende August das Schiff soweit für die nächste Etappe fertig zu haben, das wir jederzeit wenn die Windrichtung passt aufbrechen können.

Freiluft-Kochen

So haben wir fleißigst geschraubt und montiert  und alle Dinge, die vorher nicht möglich waren oder aufgrund des Wetters verschoben werden mussten erledigt. Gemüse getrocknet und Fleisch in Gläser eingekocht (interessanter weise gibt es hier nämlich kaum Fleischkonserven oder gar Corned beef – wird scheinbar alles exportiert). Fast jeden Tag kommen wir wie die Packesel beladen von unserer Stadttour zurück und zwei Mal haben wir uns bereits ein Taxi genommen und bis zum letzten Winkel mit unseren Einkäufen vollgestopft.

wo bringen wir das nur unter?

Die Berge im Cockpit sind höher und höher geworden, aber irgendwie haben wir es dann doch immer wieder geschafft alles in den Schapps unterzubringen und natürlich vorher zu katalogisieren (wir wollen ja, das möglichst wenige “Überraschungseier“ nach mehreren Monaten und Jahren überall im Schiff auftauchen) – es ist schon ein großer logistischer Aufwand für mehrere Monate ca. 1.000 kg Lebensmittel und ebenso viel Getränke zu bunkern (und natürlich Platz dafür zu finden).

und es wird nicht weniger

Wir haben jetzt bereits das zweite Mal den Wasserpass höher gesetzt und schon wieder sind wir auf der Linie und es ist ja nicht so, dass das Schiff bisher leer war wie ein Lagerhaus.  Im Großen und Ganzen haben wir den uns selbst gesetzten Termin auch eingehalten, nur das sich seit zwei Wochen kein einziges geeignetes Wetterfenster gezeigt hat.  Eine Front jagt die andere und immer bläst der Wind maximal einen Tag aus Süden mit Sonnenschein und dann sofort wieder aus Westen oder Norden mit starken Böen und viel Regen.

auch der Seelöwe will seinen Anteil

Trotzdem wird uns nicht fad und so haben wir auch noch ein Segel für unser Bananaboot entworfen und genäht und sogar eine Alustange für den Mast gefunden. Wir sind deswegen viel herumgelaufen und jeder hat uns in den letzen beiden Monaten erklärt, dass es Aluminiumrohre  in Valdivia und Umgebung nicht gibt.  Jedoch in der Ferreteria Sur bei Señor Enrique Nuss ist alles möglich, er hatte uns bereits vorher schon mal vermittelnd geholfen, als wir eine kleine handliche Flasche mit Argon-Gas für unser Schweißgerät  gesucht haben und uns bei Indura (einziger hiesiger Anbieter für technische Gase) erklärt wurde, dass es so etwas hier nicht gibt (komisch ist nur, dass wir die Flasche dann genau von dieser Firma doch bekommen haben)

Fischmarkt von Valdivia

und auch diesmal hat er für uns das “Unmögliche“ möglich gemacht und uns ein 7m langes Alurohr besorgt. Seine Familie ist (wie so viele hier) deutschstämmig und sein Großvater war einer der Gründer Valdivias. Er spricht vorzüglich deutsch und hat aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung unglaublich viele Kontakte (ein Glück für uns, dass wir ihn kennengelernt haben).  Nachdem Christoph das halbierte Rohr heimgeschleppt hatte, stand schon bald dem neuen Segelvergnügen nichts mehr im Wege.

Probefahrt

Bei der Probefahrt war es witzig, denn der Wind war genauso stark wie die Strömung und so ist er in seiner Badewanne gesessen und kaum vom Platz gekommen.  Die Zeit vergeht hier wie im Fluge, denn in der Zwischenzeit sind viele vom Heimaturlaub auf ihre Schiffe zurückgekehrt und bereiten sich ebenso auf die Abfahrt vor – der gute Nebeneffekt: viele neue und alte Bekannte und reges soziales Leben. Alle zusammen scharren wir jedoch ungeduldig in den Startlöchern und hoffen, dass das Wetter bald stabiler wird.

in der Salzburg-Brauerei mit Per / SY-Freydis u. Vibeke + Poul / SY-Pi

lokale Tanzdarbietung ...

Langsam kehrt auch hier der Frühling ein und die Obstbäume stehen in voller Blüte. Leider ist es aber auch die wechselhafteste Jahreszeit und seit gestern stürmt und regnet es fast ohne Unterlass (aber morgen soll bereits wieder die Sonne scheinen). So sind wir im Augenblick ein wenig in unserem Tatendrang bremst und können größtenteils nur Arbeiten unter Deck machen, aber auch da findet sich immer genug. Trotzdem wollten wir heute auch noch ein bisschen raus und so hat uns der Hunger zur Feria Costumbrista de Niebla (Food-Market in Niebla)  getrieben.

... auf der Feria (Markt)

Erst auf dem Weg, wo der Bus von starken Windböen geschüttelt wurde, durch tiefe Wasserläufe und an umgebrochenen Bäumen vorbei musste, ist uns aufgefallen wie stark der Wind wirklich ist und wie gut geschützt wir doch an unserem Steg stehen. Die  gesamte Bucht war voll mit weißen Schaumkronen und große Wellen haben sich an den sonst so ruhigen Stränden gebrochen – sind wir froh, daß wir mit dem Bus und nicht mit dem Schiff unterwegs sind.

unsere Portion vom Grill!

Der Sonntagsmarkt ist zum Glück überdacht, aber leider nicht geheizt (wir waren jedoch dick genug angezogen). Hier reiht sich ein Stand mit lokalen Spezialitäten an den anderen  und wir haben uns durchgekostet  – von knusprig gebackenen Fleisch- und Käseempanadas über saftig gegrilltes Lamm und Rind, große Teller mit fangfrischem Fisch und Muscheln bis zu den unvergleichlich leckeren Torten. Natürlich (wie sollte es in Südamerika anders sein) mit Livemusik und Tanz und alles wird gut runtergespült mit  einem kräftigen, goldbrauen Torobayo (Bier) oder guten Glas chilenischen Wein. So lässt sich ein verregneter Sonntag doch noch genießen!

 

la nave imaginaria

Auf unserem Weg die Küste entlang haben wir noch in Isla Negra (ist interessanterweise nämlich keine Insel) einen Zwischenstopp eingelegt. Eigentlich wollten wir uns dort nur das Haus und Museum von Pablo Neruda ansehen und dann gleich nach Santiago weiterfahren. Aber wie es so ist, kommen halt die Leute durch`s reden zusammen und so haben wir bei der Busstation Moni (eine Deutsche die seit einigen Jahren hier lebt) und Capitán Rodrigo kennengelernt. Er hat sich seinen Traum erfüllt und in den letzten fünf Jahren mit eigenen Händen aus Recyclinggut, geschenkten Dingen und freiwilliger Hilfe sein Traumhaus in Form eines Schiffes gebaut. Mit einer irrsinnig großen Liebe zum Detail und unwahrscheinlich viel Phantasie hat er sich sein eigenes kleines Paradies geschaffen, das jederzeit für Kinder und Junggebliebene offen steht.

Christoph im Krähennest

Obwohl das Haus nicht groß ist, finden auf dem Hauptdeck immer wieder Theateraufführungen oder auf dem Oberdeck (Dach) Konzerte statt. Für uns ein wahres Eldorado, über Strickleitern aufs Dach klettern, runterrutschen oder sich im “Verlies“ verstecken – da wird man wieder richtig zum Kind. Leider bringen seine Nachbarn nicht immer Verständnis für ihn auf und so steht er im Schatten seines viel berühmteren Nachbarn, Pablo Neruda – es gibt auch kaum Publicity oder Förderungen für sein Werk (wir wünschen ihm trotzdem, dass er mal die gleiche Anerkennung wie Friedensreich Hundertwasser bekommt)( (Siehe: http://www.culturaenmovimiento.cl/mambo/index.php?option=com_content&task=view&id=2519&Itemid=43). 

Capitán Rodrigo

Nach ein paar sehr vergnüglichen Stunden, sind wir aber dann doch noch ins Museum von Pablo Neruda gewandert. Da wir noch ein bisschen bis zur nächsten Führung warten mussten, haben wir erst einmal das Areal rundherum erkundet und ein paar Schritte am wellenüberspülten Strand gemacht bevor wir in das, mit viel Geduld, Geld und Sammelleidenschaft eingerichtete Haus des Dichters vorgelassen wurden. Es ist zwar sehr schön und interessant anzusehen, aber lang nicht so persönlich und herzlich wie das Traumschiff vom Capitán Rodrigo.

das Traumschiff

Irgendwann im Laufe des späten Nachmittags haben wir es dann doch noch mit dem Bus nach Santiago geschafft. Dort bleiben wir noch einen Tag, besorgen noch technische Dinge, die es in Valdivia nicht gibt ein, stöbern in den Chinesenläden  nach Currypaste und Sesamöl und durchforsten die Geschäfte und Märkte nach sonstigen brauchbaren Dingen und Spezialitäten. Dann geht unser “Urlaub“ endgültig zu Ende und wir kehren in den Ernst des Lebens zurück –  also Schiff wieder seefest machen, die restlichen Arbeiten fertigstellen (einiges konnten wir vorher aufgrund der Witterung nicht machen) und ca. 1 Tonne Lebensmittel bunkern, denn in der Südsee ist alles seeehr viel teurer.

vor Nerudas Haus

Neruda`s Sammlung von Gallionsfiguren

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