über den Anden

Fast jeder zweite Inlandsflug in Lima steuert dieses Ziel an, dementsprechend war das Chaos groß, denn scheinbar können viele ihre Flugnummer nicht lesen. Endlich waren alle Passagiere eingesammelt  und unser Flieger konnte sogar relativ pünktlich starten (war nicht bei allen so!). Über der Stadt und der Küstenregion hatten wir noch eine dicke Wolken- oder auch Smogdecke unter uns, aber sobald wir über die Anden geflogen sind war die Sicht einfach grandios. Unter uns braune Berghänge und am Horizont vor uns die weißen Berggipfel. Mit plattgedrückter Nase sind wir bereits eine knappe Stunde später auf 3.500m Seehöhe wieder gelandet. Wir haben uns erst gefragt wo hier ein Flughafen sein soll, aber dann hat der Pilot die Schnauze der Maschine auch schon mit einem turbulenten Sinkflug runter gezogen.

Cusco

Diesmal hat es mit dem Abholdienst ein bisschen besser geklappt, wir haben zwar etwas warten müssen, aber zumindest ist unser Shuttle gekommen. Im Hostel wurden wir gleich mit einem frischen Coca-Tee begrüßt (er schmeckt übrigens gar nicht so übel, wie immer behauptet wird). Schön gemütlich haben wir dann die Stadt erkundet und uns mit allem vertraut gemacht. Die Stadt ist gar nicht so klein wie wir erst dachten und hier wimmelt es nur so von Touristen, die alle natürlich nach Machu Picchu in die verlorene Stadt wollen. Es ist gar nicht so einfach an Tickets ranzukommen, denn es gibt ein Limit von 2000 Besuchern pro Tag (inkl. Inkatrack, Tagesbesuchern und sonstigen Wahnsinnigen).

nur ein kleiner Teil der langen Warteschlange

Da die Besucherzahlen aufgrund der 100-Jahrfeier der Entdeckung derart in die Höhe geschnellt sind, hat sich das Goverment ein paar extra Schikanen ausgedacht. So kann man seit 15. Juli nichtmehr per Internet reservieren und bezahlen, sondern muss persönlich zum oficina de la cultura hingehen (oder es von einem Agenten machen lassen). Auch kann man dann nur mit dem Touristenzug der Perurail dorthin gelangen (es gibt nämlich keine Straße) und der ist schnell ausgebucht. Wir wollten eigentlich nur zwei Tage zum Akklimatisieren hier bleiben und dann gleich nach Machu Picchu weiterfahren, aber wir haben erst Eintrittskarten für den 26.07. bekommen und können erst am 27.07. wieder mit dem Zug zurückfahren, also zwei Tage länger in Cusco und zwei Übernachtungen in Aguas Calientes.

sehr farbenfroh ....

Wir dachten eigentlich nicht, dass es so schwierig sein wird, sonst hätten wir uns bereits vorher um die Tickets bemüht (wäre ja in Lima kein Problem gewesen). Aber wie überall auf der Welt wird der Preis von Angebot und Nachfrage bestimmt und hier wird man richtig schön abgezockt. Wir vertreiben uns die Zeit in dem wir auch andere Ruinen der Inkas besichtigen oder einfach nur in der Stadt abhängen. Geboten wird hier einiges, gestern Abend z.B, hatte die hiesige Tanzschule ihren Geburtstag und hat vor der Kathedrale einen ganz tollen Umzug veranstaltet.

... und fröhlich

Ach ja, der Coca-Tee hat unserer Meinung nach keinerlei Wirkung, aber wir sind bisher auch von der Höhenkrankheit verschont geblieben (sind eben noch immer echte Alpenländer)

Gestern sind wir erst einmal in unserem Distrikt geblieben und haben direkt von unserem Hotel aus die Av. Jose Larco, eine sehr belebte Einkaufsstraße, bis zum Larcomar-Center erwandert.

Küste von Lima

Dieses liegt hoch über den Klippen am Meer und bietet einen tollen Blick über die gesamte Küstenlinie, wenn nicht gerade mal wieder der hier typische garúa, ein leichter Küstennebel mit feinem Sprühregen, herrscht. Genau unter uns sind wie Ameisen, unzählige Surfer auf ihren Borden gelegen und haben auf die richtige Welle gewartet – lange haben sie jedoch nie warten müssen bei dieser Brandung. Der Bezirk Miraflores gehört sicher zu einem der reicheren Vierteln in Lima, denn so viele Putzbrigaden und Sicherheitspersonal haben wir noch selten auf einem Fleck gesehen.

nehmen wir ihn jetzt oder doch nicht?

Überhaupt ist Lima eigentlich insgesamt eine relativ saubere Stadt, nur die Luft ist durch die vielen Autoabgase zum Schneiden und der Verkehr ist echt mörderisch, ein Dauerhupkonzert und absolutes Chaos. Uns kommt es vor, als ob hier nur Kamikazefahrer und Selbstmörder unterwegs sind, selbst beim Busfahren  kann man teilweise richtig Angst bekommen. Apropos Busfahren, ist hier überhaupt kein Problem und kostet fast nichts. Anfangs hatten wir zwar etwas Bedenken, weil die Ziele nur aus dem Bus herausgerufen werden und für uns oft schwer verständlich waren, aber auch das war kein wirklich großes Problem. Nicht einmal bei den Fahrpreisen wurde uns ein Touristen- und Deppenzuschlag abverlangt. So sind wir kreuz und quer durch die Gegend gedüst und auch in der Calle Petit Thouars gelandet, wo sich ein Indiomarkt an den Anderen reiht. Die herrlichsten Sachen aus Alpaccawolle, Kunsthandwerk und wunderschöner Schmuck aus den Anden werden hier angeboten und das Beste ist, dass die Verkäufer hier in keinster Weise aufdringlich sind oder eine aggressive Verkaufstaktik haben – sehr angenehm. Leider haben wir kein kleines Lama für die Bewachung unseres Schiffes gefunden und sind ohne größere Einkäufe von dannen gezogen.

wird nach überlieferten Plänen derzeit restauriert

Beim  Besuch der Huaca Pucllana, einer Lehmziegelpyramide von 400 n.Chr., hatten wir Pech, denn die war heute leider geschlossen. Es sieht irgendwie witzig aus, wenn eine Inkapyramide mitten aus dem Häusermeer herausragt. An unserem  zweiten Tag in Lima haben wir das historische Zentrum unsicher gemacht, sind zwischen unzähligen Kirchen (davon haben die hier fast auf jeder Ecke eine) und unter wunderschönen Holzbalkonen herumgewandert, haben der Wachablöse im Präsidentschaftspalast beigewohnt und die Kathedrale von Lima besichtigt.

Wachablöse

Ausnahmsweise ist diese mal wirklich schön und reichhaltig geschmückt, denn bisher waren in Südamerika die Kirchen meistens verschlossen oder nur sehr spartanisch ausgestattet, um nicht zu sagen leer. Die Eintrittspreise für die touristischen Highlights stehen jedoch in keinster Weise in Relation zum normalen Leben, denn man berappt 30,– Sol (€ 7,50) pro Person um in die Kathedrale und das Museum zu kommen, aber nur 5,– Sol (€ 1,20) für ein reichhaltiges Mittagsmenü – na ja, da überlegt man sich eben genau was man sich ansieht. Scheinbar dürfte dies aber erst seit kurzem so sein, denn im Reiseführer und auch den meisten Prospekten stehen noch ganz andere Preise bzw. großteils freier Eintritt. Leider ist auch dieser Tag schon wieder vorbei und wir fliegen bereits morgen nach Cusco weiter – Machu Picchu wir kommen!

Flug von Santiago de Chile nach Lima

Nicht einmal in unseren wildesten Träumen ist uns ein Besuch von Lima jemals in den Sinn gekommen. Diese Stadt war für uns zwar existent, aber ist eigentlich nie auf unserem Reiseplan gestanden. Aber ok, nun stehen wir da – der Flug von nicht ganz drei Stunden ist bewältigt und das Gepäckband hat unsere Rucksäcke auch bereits wieder ausgespuckt. Als wir aus dem Transitbereich kommen, stehen wir erst einmal einer gigantischen Menschenmenge gegenüber, die meisten mit großen Schildern um irgendjemanden abzuholen. Eigentlich sollte unser Name auch auf so einem Plakat stehen, denn wir haben das Angebot des Hostels wahrgenommen und uns einen Abholdienst bestellt. Leider ist aber niemand für uns da, eine knappe Stunde warten wir und gehen immer wieder die Reihen der Namenstafeln ab, aber leider vergeblich. Wir haben nun zwei Möglichkeiten, entweder uns von einem der aufdringlichen Taxifahrer abzocken zu lassen oder versuchen auf eigene Faust zum Quartier zu kommen.

innerstädtische Verkehrsmittel

Wir entscheiden uns für die schwierige Tour und suchen erst mal die Touristinformation auf. Ein sehr netter junger Mann dort verrät uns den richtigen Bus und stattet uns mit einem Stadtplan aus, gleichzeitig sieht er sehr skeptisch unser Gepäck an und warnt uns vor den Taschendieben in der Gegend rund um den Flughafen. Scheinbar dürften nicht allzu viele Touristen den Wunsch verspüren hier mit dem öffentlichen Bus zu fahren.  So starten wir unseren Spießrutenlauf quer durch die aufdringlichen Taxifahrer raus in die feucht-schwüle Nacht (von 9°C auf 19°C in drei Stunden – was für eine Wohltat!). Den richtigen Bus zu finden ist gar nicht so leicht, denn es sind keine großen Busse die hier in einem aberwitzigen Tempo kommen und gehen, sondern kleine VW-Busse in die jedoch bis zu 16 Personen gequetscht werden. Auch die Kennzeichnung und das Ziel der Busse ist nicht so leicht auf den ersten Blick zu erkennen.

Abendunterhaltung

Zum Glück gibt es hier Edgar, einen “hilfsbereiten“ Rollstuhlfahrer, der uns in den richtigen Wagen bugsiert (natürlich gegen eine kleine Spende, aber die gibt man da gerne). Zusammengepfercht schlängeln wir uns fast eine Stunde durch dichtesten Verkehr, vorbei an riesigen Shoppingcentren und überfüllten Einkaufsstraßen bis nach Miraflores. Unser Quartier ist leicht gefunden, denn es liegt sehr zentral mitten in einer Vergnügungs- und Fressstraße, nur ist leider nicht so ruhig, wie wir uns das erhofft hatten. Aber was soll`s, ist ja nur für drei Tage. Also Rucksäcke abgeladen und rein ins Getümmel, denn nur so kann man den Puls einer Stadt ertasten und außerdem sind wir hungrig und durstig, denn zum Essen hatten wir heute irgendwie keine Zeit. Schnell war ein nettes Lokal mit Livemusik gefunden und der erste Pitcher Bier geleert. Nicht allzu spät sind wir in süße Träume gesunken, denn morgen gilt es wieder eine neue Stadt zu erkunden.

am Cerro Santa Lucia

Sonntag hat uns der herrliche Sonnenschein relativ bald aus den Federn getrieben, obwohl wir erst spät (bzw. früh morgens) heim gekommen sind. Mit dem Bus haben wir dann die Stadt und die äußeren Vierteln kreuz und quer erkundet, denn die Verkehrsbetriebe bieten an Sonn- und Feiertagen einen echt guten Service an. Da zahlt man nur ein einfaches Busticket um Ch$ 540,– (ca. 0,80 €) und kann auf der Linie 122, die die wichtigten Sehenswürigkeiten und Museen anfährt, den ganzen Tag herumfahren. Natürlich gibt es auch die normalen Hop-on-Hop-off-Busse, aber die kosten gleich ein Vielfaches (Ch$ 18.000,– / € 30,–) und fahren die gleiche Route.  Wir sind natürlich auch rauf auf den Cerro Santa Lucia, einen 870m hohen Hügel mit einer alten Festung mitten in der Stadt und hatten erneut einen famosen Blick über die Umgebung.

ein herrlicher Tag

Nur war die Sicht auf die schneebedeckten Anden rund um Santiago heute bereits ein wenig eingeschränkt, durch den hier eigentlich normalen Smog. Gegen Abend sind wir zur Estation Central gefahren um uns über die Busse Richtung Flughafen für morgen zu erkundigen. Dort haben wir mitten in der Einkaufsmeile ein Kinocenter gefunden, dass zu unserer Überraschung sogar drei Filme in englischer Sprache mit spanischen Untertiteln spielt. So mussten wir nur mehr entscheiden, ob wir den neuesten Harry Potter, Transformers oder Season of the witch (mit Nicolas Cage) sehen wollen.

Estacion Central

Wir haben uns für den Film mit Nicolas Cage entschieden und waren das erste Mal seit zwei Jahren wieder im Kino (ist schon etwas anderes als die Filme auf unserem Laptop). Ach ja, die Südamerikaner sind ausgemachte Fußballfans (egal ob männlich oder weiblich) und gestern wurde das Viertelfinalspiel Chile – Venezuela im Copa Americana ausgetragen. Da war die ganze Stadt im Ausnahmezustand, überall auf den Straßen waren Fernseher aufgestellt und die Leute sind wie paralysiert davor gesessen. Kein Verkäufer oder Kellner hat sich um Kunden bemüht. Als wir vom Kino herausgekommen sind war die Trauer groß, denn leider hat Chile 2:1 verloren – obwohl es ein echt gutes Spiel war. Heute haben wir unsere Rucksäcke gepackt, sind noch über die Fußgängerzone im Regierungs- und Finanzviertel geschlendert und haben dann den Bus zum Flughafen bestiegen.

es summt und brummt überall

Auch da gibt es immense Preisunterschiede, man kann mit dem Taxi um 30 Us$, dem Minibus um Us$ 20,– oder den normalen Bus um Ch$ 1.400,– (2,80 Us$) fahren – einem Zeitunterschied gibt es jedoch kaum. Der Flug ist im Handumdrehen vorbei gewesen, anders als es die Busfahrt für diese Strecke gewesen wäre (ca. 3.000 km). Leider haben wir durch die dicke Wolkendecke nicht viel gesehen, aber die größte Strecke sind wir ja sowieso über das Meer geflogen.

Seit vier Tagen hat es nur geregnet – nein, eigentlich geschüttet, denn was da an Wassermassen vom Himmel fällt packt so mancher Fluss nicht mehr. Am Donnerstagabend sind wir noch gemütlich mit Rowland und Miki vom Kat Spirit of Africa essen gegangen und anschließend haben uns die Beiden mit ihrem Mietauto zum Busbahnhof gebracht (sehr angenehm nicht durch den Regen latschen zu müssen). Gut gesättigt rein in die Kutsche, das Plätzchen gemütlich für die Nacht hergerichtet und schon ist es losgegangen.

grandiose Kulisse von Santiago de Chile

Die Busse in diesem Teil Südamerikas sind sehr komfortabel, pünktlich und schnell, es ist mit Sicherheit eine der besten Arten des Reisens durch das Land. Am Freitagmorgen sind wir ausgeruht angekommen, haben unsere Sachen ins Quartier gebracht und sind auch schon durch die Stadt gestreift. Obwohl Santiago de Chile 7 Mio. Einwohner hat, ist das Zentrum doch sehr übersichtlich, wahrscheinlich auch wegen ihrer vielen Fußgängerzonen und Parks. Santiago ist sicher mit keiner anderen Großstadt vergleichbar, schon alleine die schneebedeckten Bergmassive rundherum sind mehr als beeindruckend.

Mercado Central

Zwischen Wolkenkratzern und moderner Architektur stehen noch unzählige alte Kolonialvillen und bewirken so den ganz eigenen Charme der Stadt. Wir sind durch den Regen bis zum Mercado Central gewandert und haben uns dann um die Mittagszeit so richtig Appetit bei den vielen Ständen mit frischem Fisch und Meeresgetier geholt. Zwar stehen hier überall Schlepper herum, die einen in ihr Lokal locken wollen, aber gegen die sind wir schon fast immun und haben uns etwas außerhalb des Marktes ein viel günstigeres „menu del dia“ gesucht.

Mayakunst

Am Nachmittag haben wir dann beschlossen, dass wir nass genug sind und sind ins Museo Chileno de Arte Precolombino geflüchtet. Es ist ein absolutes Muss, denn so viele Artefakte aus dem gesamten süd- und mittelamerikanischen Raum über alle indigenen Epochen der letzten 5000 Jahre sieht man sonst nirgendwo. Sogar die Mumien sind um gute 1000 Jahre älter, als ihre ägyptischen Kollegen (jedoch sind die Ägyptischen unserer Meinung nach viel besser erhalten). Am Abend haben wir uns noch ein bisschen durch die Lokalmeile treiben lassen und sind dann überwältigt von den Eindrücken todmüde ins Bett gefallen.

... auch nicht weniger beeindruckend

 Heute Morgen hat dann wieder die Sonne gelacht und wir sind nach einem kargen Frühstück mit der Metro zum Fuß des 880m hohen Cerro San Cristobal gefahren, denn so ein Wetter muss man ja ausnützen. Um unsere Kondition zu trainieren, haben wir auf die Fahrt mit dem Funicular (Standseilbahn) verzichtet und sind den ganzen Berg hinauf gewandert (war eine richtig schöne Gatschschlacht). Am Gipfel bei der 22m hohen Marienstatue hatten wir dann einen grandiosen Rundumblick über die Stadt und die umliegende Andenkette (durch den Regen der letzten Tage hatten wir heute auch keinen Smog!). Wieder unten hatten wir uns ein großes Bier in einem der Schanigärten verdient und sind noch durch die Kunsthandwerkszone von Barrio Bellavista flaniert, dort sind übrigens auch die meisten Diskotheken und Lokale mit Livemusik. Bevor wir uns heute ins Nachtleben stürzen, bringen wir noch sicherheitshalber unseren teuren Fotoapparat ins Zimmer und machen uns mit wenig Geld in den Taschen auf in einen der Clubs.

Blick vom Cerro San Cristobal

Zwar fühlen wir uns hier nicht unsicher, aber man muss es ja nicht unbedingt herausfordern wenn man spät abends durch die dunklen Straßen geht. So sind wir in Grez Bar hängen geblieben, wo Barnie Weis u. Freunde mit Country Blues angekündigt waren. Es war zwar dann mehr Jazz und er selbst nur mäßig gut, aber seine Freunde haben bei der anschließenden Jamsession so richtig Stimmung gemacht. Mit dem collectivo (Sammeltaxi mit festen Fahrrouten) sind wir in den frühen Morgenstunden gut und unbeschadet wieder in unserer Unterkunft angekommen.

verspätete Geburtstagsgrüße

Ach ja, wir sind übrigens Glückskinder, denn unser Paket ist doch noch kurz vor unserer Abreise am Donnerstag gekommen und zwar frei Haus. Es ist über einen Monat im Hauptpostlager in Santiago gelegen und wurde dann binnen drei Tagen zollfrei abgefertigt und direkt nach Valdivia ausgeliefert (eigentlich hätten wir nämlich zum Zoll nach Osorno – 120 km entfernt – fahren müssen um es abzuholen). Wir hatten ja gar nicht mehr damit gerechnet, aber am späten Vormittag ist Ronny zu uns gekommen und hat gemeint, daß Marcia (der gute Geist des Büros) ein Paket für uns von der Post mitgebracht hat. Es war wie Weihnachten und Geburtstag gemeinsam, als wir die vielen schönen Sachen und Überraschungen aus der Heimat ausgepackt haben (unter anderem auch Mannerschnitten – mampf!!)

Gerade packen wir unsere Rucksäcke, denn endlich geht es los zu  unserer großen Inlandsreise. Ein bisschen Bauchweh haben wir schon, weil unser Päckchen das bereits seit 7 Wochen von Österreich nach Chile unterwegs ist, noch immer nicht eingetroffen ist. Aber wenn wir jetzt nicht bald losfahren, kommen wir gar nicht mehr weg. Wir wissen, dass das Paket mit unseren dringend erwarteten Ersatzteilen bereits seit über einem Monat im Land ist (aufgrund der Sendungsverfolgung), aber irgendwo zwischen Flughafen und Zoll schwirrt. Obwohl wir alle Hebel in Bewegung gesetzt und unsere Kontakte ausgespielt haben, war es bisher nicht möglich diese bürokratische Hürde zu meistern  (na ja, hoffen wir mal, dass es noch irgendwann auftaucht – wir können es sowieso nicht ändern). Also morgen Abend geht es erst einmal mit dem Nachtbus 10 Stunden nach Santiago de Chile. Dort werden wir bis Montag die Stadt erkunden und am Abend nach Lima fliegen.

unser Reiseverlauf

Nach weiteren drei Tagen Sightseeing in der Hauptstadt Perus fliegen wir hoch hinaus – unser nächstes Ziel ist Cusco und liegt auf 3.500m Seehöhe. Nach so langer Zeit auf Meeresniveau werden wir wahrscheinlich erst mal flachliegen oder Koka-Blätter kauen. Sobald wir wieder halbwegs fit sind geht es in die legendäre Inkastadt Machu Picchu. Wir sind schon sehr neugierig, denn diese Ruinen wurden genau vor 100 Jahren entdeckt und wie wir gelesen haben soll dort derzeit richtig Halli-Galli sein. Von dort versuchen wir dann mit dem Inka-Express nach Puno an den Titicaca-See zu kommen. Dies ist sicher das nächste Highlight der Reise, danach geht es über die Grenze nach Bolivien. In  La Paz wartet dann der letzte Flieger dieser Reise auf uns, der uns zurück an die Küste nach Iquique bringt. Mit Bussen werden wir uns dann über die Salzebenen und bunten Berge bei Salar de Uyuni und die Salzwüste rund um San Pedro de Atacama bis nach Valparaiso durchschlagen. Sollte es sich ausgehen, werden wir vielleicht noch ein paar Tage Schifahren in Mendoza oder Villarrica gehen und voraussichtlich Ende August dann wieder in Valdivia auf unserem Schiff sein – und dann geht es endlich ab in die Weiten des Pazifiks – aber bis dahin sind es noch ein paar Tage und einige Hürden zu meistern.

Eigentlich können wir glücklich sein, denn die Aschewolke des Puyehue-Vulkans ist bisher immer Richtung Argentinien gezogen. Unsere Freunde in Buenos Aires schreiben uns, dass sie bereits seit Wochen jeden Morgen eine dicke Schicht wegwaschen müssen.

Steg von Alwoplast

Nun ist es bei uns auch so weit, seit letztem Wochenende hat der Wind auf SO gedreht und die Sonne schafft es kaum mehr sich durch die dichte Wolkenschicht zu kämpfen. Alles und jedes ist von einer grauen Staubschicht bedeckt, aber zum Glück klebt das Zeug nicht und lässt sich einigermaßen leicht wegspülen. Trotzdem ist an Wäscheaufhängen oder irgendwelche Lackierarbeiten an Bord gar nicht zu denken. Durch jede Öffnung und Ritze dringt dieser feine Staub ein. Das wäre ja nicht so schlimm, aber noch immer sind die meisten Pässe nach Argentinien gesperrt und wir müssen ja für zumindest 1 Tag außer Landes um ein neues chilenisches Visum zu erhalten. Da jetzt wieder ein Pass offen ist, dachten wir dies gleich mit ein paar Tage Schifahren zu verbinden – also haben wir Bustickets besorgt, sind noch im Dunkeln mit dem Taxi zum Bus-Terminal und haben es uns noch vor dem Morgengrauen im Bus nach San Martin de los Andes gemütlich gemacht und was passiert … rausgeworfen werden wir. Durch höhere Gewalt und eigene Blödheit hatten wir uns beim Aufenthalt um 1 Tag verrechnet, denn wir haben nur ein 90-Tage-Visum und nicht für 3 Monate. Der Busfahrer hat sich geweigert uns mitzunehmen und auf der Grenze auf uns zu warten und hat uns einfach vor die Türe gesetzt. So standen wir gleich wieder da, mit zwei großen Rucksäcken am Buckel, mitten auf der Straße ins Nirgendwo.

Steg vom YC Estancilla

Unsere zweite Möglichkeit das Visum zu verlängern ist bei der Einwanderungsbehörde, nur kostet das US$ 100,– pro Nase und die hätten wir natürlich lieber auf der Schipiste auf den Kopf geklopft. Zähneknirschend sind wir somit zum Amt gewandert und haben dort unseren Obolus für einen neuen Stempel im Pass entrichtet. Vielleicht war es eh gut so, denn für`s Wochenende ist schlechtes Wetter angesagt und außerdem gibt es am Berg erst 50cm Schnee mit viel Asche vermischt – irgendwie müssen wir ja unseren Frust unterdrücken, dass wir nicht zum Schifahren gekommen sind.

Grund für den Frühschoppen

Hier ist immer etwas los und wir sind permanent auf Achse. Entweder machen wir Ausflüge, gehen shoppen oder hocken mit den anderen Seglern nett zusammen. An diesem Wochenende hatte jedoch der Yachtclub Valdivia (CYV) einen zünftigen Frühschoppen mit Bier, Bratwurst und Sauerkraut angesetzt. Der Sinn und Zweck war eine Sammelaktion für die Restaurierung des alten Holz-Piraten „Berlin“,  der anlässlich des Pirat World Cup 2012 in Chile, wieder aufgemöbelt werden soll (außerdem braucht jede Party ihren Namen). So sind wir alle Mann geschlossen aus der Dependance in Estancilla im alt-ehrwürdigen Club (Gründungsjahr 1912) eingerückt und haben den Ausländeranteil dort doch erheblich verbessert.

Vize-Präsident Andi

Präsident Pablo u. Commodore-Oberkassier

Zu unserer Verwunderung spricht fast jedes Mitglied im Yachtclub deutsch und wir haben viele nette Kontakte knüpfen können. Na ja, wie schon berichtet ist die Gegend um Valdivia eine der größten deutschstämmigen Ansiedlungen in ganz Südamerika. Ganz besonders fasziniert hat uns die Tatsache, dass der gesamte aktive Vorstand jung ist und sich geschlossen hinter der Theke um das leibliche Wohl der Gäste und Mitglieder gekümmert hat.

immer der Sonne entgegen

So viele blaue Augen und blonde Haarschöpfe sieht man selten auf einem Fleck. Leider hatte dieser wunderschöne Tag auch einen leicht bitteren Beigeschmack, denn Heidi und Nicolas von der Fleur-de-sel haben mit uns noch ein letztes Bierchen getrunken und sind dann der Sonne entgegen Richtung Juan- Fernandez-Inseln losgesegelt. Wir sind uns aber sicher, dass wir sie irgendwo in der pazifischen Inselwelt auf eine Trinkkokosnuss wieder treffen.

Wolfgang

Heute haben wir ganz lieben Besuch aus Villaricca von Wolfgang bekommen. Er hat uns auf unserer gesamten Fahrt durch die patagonischen Kanäle über Funk begleitet. Jeden Morgen pünktlich um 9 Uhr tönt sein typischer Pfiff durch den Äther und eine freundliche, bayrisch angehauchte Stimme schmettert: “ Good Morning, this is Wolfgang from Patagonia-Net …“ – jeden Morgen wieder ein Fixpunkt und guter Grund pünktlich aus den Federn zu kriechen (obwohl wir manchmal geknobelt haben wer zuerst aufsteht und sich raus in die Kälte wagt).  Er betreut bereits seit vielen Jahren die Plattform für die Langezeitsegler in dieser Gegend und steht jedem mit Rat und Tat zur Seite, vermittelt Hilfe bei technischen oder sonstigen Problemen oder organisiert im nächsten Hafen das oft dringend benötigte Fass Diesel. Außerdem ist es ein beruhigendes Gefühl wenn man weiß, dass da jemand ist der immer die aktuelle Position verfolgt und im Notfall die benötigten Rettungsaktionen einleiten kann oder auch einfach nur zum Quatschen da ist. Wir haben ja außerdem noch unseren guten Engel in Buenos Aires sitzen, der mit Argusaugen über uns gewacht hat (danke, Pedro!) – also konnte uns gar nichts passieren!

Christoph, Steve (Silas Crosby), Nicolas+Heidi (Fleur de sel), Babsi u. Wolfgang (Pat.Net)

So ist Wolfgang heute aus seinem schönen Domizil am Fuße des Vulkans Villarrica zu uns Seglern herabgestiegen (oder besser gefahren) und hat seine über Monate betreuten Schäfchen besucht. Gemeinsam mit Steve von der Silas Crosby und Heidi u. Nicolas von der Fleur de sel haben wir für einen langen Plausch und ein gemütliches Mittagessen  ein kleines Lokal okkupiert. Am frühen Abend haben wir Wolfgang dann doch wieder freigelassen, denn er musste ja schließlich noch gute zwei Stunden zurück auf zu seiner Frau und seinen Tieren (Alpacas) fahren. Auf jeden Fall war es sehr schön, auch die Person zu der uns schon so vertrauten Stimme kennenzulernen.

bayrische Braukunst

Ob Kunstmann, Duende, Salzburg oder wie sie auch immer heißen – wir haben sie alle durchprobiert. In dieser Gegend wird das alte deutsche (österreichische) Kulturgut sehr hoch geschätzt und dazu gehört natürlich auch eine gepflegte Bierkultur.

österreichischer Ursprung

Wir haben jetzt schon einige Brauereien heimgesucht und die hiesigen Bierbrauer können es locker mit den Unsrigen aufnehmen. Sei es ein Alt, Bock oder Starkbier  – alle sind sehr süffig und auch die dazu passenden kleinen Schmankerln können sich sehen lassen. So weit in der Ferne freut man sich mal wieder richtig über Currywurst, Kassler Rippchen und Kässpätzle, aber auch die Empanadas (gefüllte Teigtaschen) und Chorrillana (Steak, Hühnchen, Würstchen, Spiegelei, gegrillte Zwiebeln und jede Menge Pommes und gemüsige Deko) sind nicht zu verachten. Sehr interessant sind hier auch die Radiosender, sie spielen fast ausschließlich Hits aus den 80‘ern und sogar Falco`s Amadeus haben wir zu unserer Überraschung schon vernommen.

eine der besten Kleinbrauereien

Langsam werden wir mit unseren Arbeiten am Schiff fertig und überlegen uns bereits wie wir unsere “Landpartie“ anlegen werden. Jeder gibt uns andere Tipps, was schön und sehenswert ist, nur in einem stimmen alle überein, die Entfernungen sind riesig und die Straßen schlecht (von hier nach Machu Picchu ca. 4.000 km über die schneebedeckten Anden – das wird echt lustig).

das Testerteam - Annique, Tim, Adrian, Steve und Babsi

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