Die Ostküste der USA ist sicher kein einfaches Segelrevier und deswegen haben wir schon Tage und Wochen vorher regelmäßig die Wetterberichte studiert, um ein Gefühl für die Muster der Wettersysteme zu bekommen. Das Einzige was uns jedoch klar wurde ist, dass wir hier verdammt flott sein müssen, denn die Änderungen vollziehen sich unglaublich schnell und heftig.
1.- 5. Tag: Wir haben zwei Optionen – entweder fahren wir Step-by-Step die Inseln bis New Providence / Nassau rauf und über den Florida Channel immer nahe der flachen Küste und riskieren richtig unangenehme Wellen oder wir fahren den direkten Weg über die offene See.
Da wir ein halbwegs akzeptables Wetterfenster wittern, entschließen wir uns für den direkten Weg und fahren zwischen Eleuthera und Little San Salvador in den Atlantik. Statt türkisblauen und stillen karibischen Meers haben wir nun die tiefblaue und ruppige atlantische See um uns. Unsere Rechnung uns zwischen den Wetterzellen durch zu schummeln ist gleich mal in die Hose gegangen, denn Mitten in der stockdusteren Nacht erwischt uns ein Squall und zerfetzt uns komplett die Genua (ok, sie war langgedient (40.000 Sm), aber wir haben sie sehr geschätzt).Die nächsten zwei Tage arbeiten wir zwischen den Gewitterböen und Regenschauern um die Reste des Segels aus der Rollanlage zu pflücken und die Ersatzgenua zu setzen. In der Zwischenzeit muss die Sturmfock herhalten. Die normale Fock auf den Stagreitern trauen wir uns nicht zu setzen, da wir sie im Notfall nicht schnell genug bergen könnten.
6.- 10.Tag: Es ist selten, dass wir mal schönen normalen Wind haben, aber wenn begleiten uns munter große Schulen von Delphinen oder es schwimmen Barrakudas oder Doraden mit uns, um die um unser Schiff herumwimmelnden kleinen Fische zu schnappen. Denn wenn es uns nicht gerade um die Ohren bläst, stehen wir oft mitten in der Flaute. Dann legen wir manchmal einen Fender an einer langen Leine aus und einer von uns darf ins tiefblaue Wasser springen. Es ist einfach faszinierend die Lichtspiegelungen im absolut ruhigen Wasser zu beobachten. Das Wasser ist hier bereits um gut 5-10° C kälter als in der Karibik und auch die Lufttemperatur ist um 10-20°C gesunken. Wir packen unsere Fleecehosen und –jacken aus. Riechen zwar etwas moderig nach zwei Jahren in der Backskiste, aber was soll´s besser als zu frieren. “Bestes Etmal“: – 4 Sm
11.-20. Tag: Täglich holen wir uns zweimal den aktuellen Wetterbericht, denn was heute für morgen prognostiziert wird, kann am nächsten Tag schon wieder ganz anders aussehen. Auf den Grip files verfolgen wir sehr genau die ziehenden Tiefs und Hochs. Bis zu vier roten Fähnchen (40 kn) sind ja für uns noch gerade machbar, aber sobald sie lila oder gar schwarz werden, gehen wir doch lieber in Deckung. So ein Wetterphänomen ist aber kontinuierlich auf uns zugerollt, war sogar als leichter Hurrikan angekündigt. Also in der letzten Ruhe vor dem Sturm – Motor an und einen sicheren Hafen suchen.Ist gar nicht so einfach, wenn die Küste so gerade und ohne Fluchthäfen ist. Wir sind auf den letzten Drücker gerade noch bis in die Delaware Bay gekommen und haben uns hinter dem doppelten Wellenbrecher verkrochen als auch schon die Starkwindböen und Wellen von draußen rein geschwappt sind. Gott waren wir froh nicht auf offener See zu sein. Wir haben ca. zwei Meilen vor dem Ort geankert, konnten jedoch nicht an Land, da wir noch nicht einklariert hatten (wäre sowieso durch den Seegang nicht gegangen). Nach vier Tagen war der Spuk vorbei und wir konnten unsere Fahrt wieder aufnehmen.
21.-23. Tag: Die restliche Strecke bis New York war dann sehr schönes segeln. Fast so als hätte es sich jetzt ausgeblasen. Gemütlich sind wir die Küste, fast in Sichtweite, entlang. Da es kaum Landmarken gibt, sieht man maximal die Hochhäuser an der Küste (und davon gibt es viele). Eigentlich wollten wir ja meinen Geburtstag bereits in New York feiern, aber leider ist daraus nichts geworden. Kein Zwinkern der Lady Liberty, aber dafür kurz vor der Bucht von New York noch ein springender und blasender Buckelwal – na wenn das nichts ist!
Resüme: 23 Tage, davon 19 auf See für 1.396 Seemeilen und einer Luftlinie von nur 870 Seemeilen – sicher nicht eine unserer besten, schnellsten oder angenehmsten Überfahrten! Aber dafür gibt’s jetzt ein paar Tage Großstadt-Dschungel zum Ausgleich.