wann geht's denn endlich los?

wann geht’s denn endlich los?

Was wir so erleben und machen wenn wir 1400 Seemeilen vor uns haben.

Tag 1: Obwohl wir gestern noch eine ausgedehnte Abschiedsrunde bei unseren Freunden absolviert hatten, sind wir doch bereits um 5:30 bei Sonnenaufgang munter geworden. Haben den Außenborder verstaut, das Dinghy an Deck verzurrt, alles wieder seefest verstaut und sind bereits eine Stunde später dem Morgen entgegen gesegelt. Nach zwei Monaten Standzeit hat die Maschine beim Starten etwas gemuckert, schon wieder der Starter! Aber wozu füttert man denn seinen eigenen Chefingenieur die ganze Zeit durch – soll auch mal was zu tun bekommen (hihi). Die Ankerkette ist die ersten paar Meter komplett mit Muscheln und Algen verwachsen – wir bekommen schon ein schlechtes Gewissen für unseren Faulheit, aber bei dieser ekeligen braunen Brühe verspürten wir nicht die geringste Lust ins Wasser zu gehen um den Rumpf von dem ganzen Bewuchs (Seepocken und Entenmuscheln) zu befreien – Schande über uns! Die Gezeitenströmung nimmt uns die ersten Meilen schön mit, aber in der Ausfahrt müssen wir dann ein gutes Stück gegen Wind und Wellen aus dem Riff motoren und da bereuen wir schon unsere Nachlässigkeit, aber was sollen wir jetzt tun. Wir baumen die Genua aus und belassen das Segel für die nächsten Tage einfach so. Die ersten 30 Meilen sind noch viele Fischerboote unterwegs, aber ab der 200m-Tiefenlinie gibt es auch keine Fischer mehr.

Tag 2: sehr angenehme Nacht, obwohl wir uns erst wieder an die Nachtwachen gewöhnen müssen. Beim Morgenkaffee ist dann die Gasflasche leer – warum gerade jetzt? Warum hat das nicht zwei Tage vorher sein können, da hätten wir noch in Brasilien auffüllen lassen können – tja, ist eben eins von Murphy`s Gesetzen. Den Tag mit lesen, Fotos sortieren oder einfach nur relaxen verbracht.

angenemes segeln

angenehmes segeln

Tag 3: der Tag so wie gestern – ein ganzes Buch verschlungen, über die Probleme des Lebens sinniert und festgestellt, dass es uns einfach nur gut geht. In der Nacht beim Cabo de Sao Roque viel Grossschiffverkehr. Die Meisten weichen großräumig aus, aber auf einem Containerschiff dürfte die Wache geschlafen haben – macht Manöver der letzten Sekunde. Uns wird etwas mulmig, denn wenn so ein Riese mit gut 20 Knoten in der Nacht hinter einem her ist, kommt man sich nicht größer als eine Sprotte vor.

Tag 4: noch immer haben wir guten gleichmäßigen achterlichen Wind und relativ ruhige See. Die Segelstellung hat sich in den letzten Tagen kaum verändert. Lesen viel und spielen Domino (Karten fliegen zu leicht davon und Würfel bzw. Schachfiguren sind immer so schwer wieder aus dem Cockpitboden-Gräting zu fischen). Entscheiden uns endgültig Ilja de Lencois doch nicht anzulaufen, da wir zügig weiterkommen und das Wetterfenster nutzen wollen. Abgesehen davon ist am 30.09. ein Raketenstart in Kourou und da wollen wir gerne dabei sein.

Tag 5: am frühen Abend überqueren wir nach über fünf Jahren, einem Monat und einer Woche wieder den Äquator und sind nun endgültig in der nördlichen Hemisphäre. Dazu lassen wir den Korken knallen (ist das wirklich ein Grund zum Feiern?) Es ist so wie die meisten Nächte – warm, sternenklar und viele, viele Sternschnuppen. Abends sieht man das Kreuz des Südens und den Skorpion, nachts den Orion und die Milchstraße und gegen Morgen steigt dann, heller leuchtend als alles andere, der Morgenstern (Venus) auf – wie wunderschön!

mutiger Fischer

mutiger Fischer

Tag 6: haben heute mal unsere Angel aktiviert und es hat auch etwas angebissen, dürfte aber sehr groß und stark gewesen sein, denn es war überhaupt nicht zu halten und wir haben die gesamte Leine eingebüßt. So ist heute mal Bastelstunde angesagt und wir präparieren neue Köder. Eine dicke Wolke beschert uns den ersten und einzigen Regenschauer der ganzen Fahrt. Ganz angenehm, dass der ganze Sand und Dreck noch aus Brasilien mal vom Deck gespült wird.

Tag 7: heute viele Delphine (oder waren es doch Schweinswale – sind so schwer auseinander zu halten) – begleiten uns über Stunden. Starke Nacht – zuerst starke weiße Blitze im Wasser, so ganz anders als das normale fluoreszierende Plankton. Müssen aber auch irgendwelche Meerestierchen sein – ist auf jeden Fall verwirrend, weil man immer glaubt, dass da ein schlecht beleuchtetes Fischerboot in der Nähe ist. Plötzlich mitten in der Nacht ein Geräusch wie Wildwasser, starke Verwirbelungen und 3-4 Knoten Strömung. Wir sind jedoch zirka 150 Seemeilen von der Küste weg und 100 Meilen nördlich der Amazonasmündung, trotzdem merken wir ganz deutlich die immense Kraft dieses Stromes. In der Früh sehen wir dann dass sich das unergründlich tiefe Blau des Meeres in ein schlammiges Grün verwandelt hat, dass sich bis Französisch Guyana nichtmehr grundlegend ändern soll.

was bin ich?

was bin ich?

Tag 8: wieder mal unser Angelglück versucht und belohnt worden – ein schöner handlicher Mahi-Mahi. Da gibt’s die nächsten zwei Tage mal wieder vom Feinsten!

Tag 9: alles wie gehabt – tagsüber lesen, kochen oder sinnieren. Von der Konvergenzzone merken wir zum Glück nichts, haben noch immer schönen achterlichen Wind. Langsam scheuern sich die Leinen durch, weil wir noch immer die gleiche Segelstellung fahren.

Tag 10: noch 130 Meilen bis zu den Iles du Salut /Französisch Guyana – ein bisschen zu weit um noch bei Tageslicht anzukommen. So reffen wir das Segel und reduzieren unsere Geschwindigkeit. Wieder mehr Schiffverkehr – Fischer wie auch Frachter. Stehen genau zum Sonnenaufgang vor den Inseln und können schön bis zum Ankerplatz segeln. Legen auch unter Segel an, da Christoph sich erst die Maschine in Ruhe ansehen möchte.

So sieht in etwa unser Alltag aus, viel zu stressig oder nicht?

Tropicbird

unser Wegbegleiter – ein Tropicbird

Hoppla – jetzt sind wir doch glatt über den Äquator gestolpert. Nach 5 Jahren, 1 Monat und einer Woche befinden wir uns erstmalig wieder in der nördlichen Hemisphäre. Es ist schon ein komisches Gefühl wenn man sich zwar langsam, aber doch stetig, der Heimat nähert. Immer häufiger driften da die Gedanken ab, was denn die Zukunft bieten mag. Speziell wenn gerade einige der bisherigen Wegbegleiter ihre Reise abgeschlossen und sich von ihrer Dauerschaukel mit Schwimmterrasse getrennt haben. Aber so weit sind wir ja noch nicht, ein paar Tage liegen doch noch vor uns, da brauchen wir noch keine düsteren Gedanken zu hegen. Ein anderer Stolperstein ist diesmal unsere Faulheit. Eigentlich hätten wir (so wie meistens) den Rumpf und die Schraube vor der Abfahrt putzen sollen. Da das Wasser in Jacare, aber derartig braun und ekelig ausgesehen hat, haben wir diesmal drauf verzichtet und schon in der Ausfahrt unseren Fehler bemerkt. Im inneren Kanal war es ja noch kein Problem, da wir mit der Gezeitenströmung raus geschwappt wurden, aber draußen mussten wir dann gegen die Brandungswellen und Seitenströmungen ankämpfen und da haben wir den total verwachsenen Propeller sehr wohl bemerkt.

hoops - jetzt ist es passiert

hoops – jetzt ist es passiert

Statt mit normalen 4-5 Ktn. haben wir nur läppische 2 Ktn. geschafft – so ist die ganze Sache etwas zach geworden. Eigentlich wollten wir auf unserer Fahrt nach Französisch Guyana noch auf halbem Weg einen kleinen Zwischenstopp im Naturschutzgebiet von der Ilja de Lencois einlegen, aber da wir die ganze Zeit schönen achterlichen Wind und nicht zu hohe Wellen haben, kommen wir super voran und fahren gleich durch. Hat auch den Hintergrund, dass wir so vielleicht auch noch den Raketenstart einer Ariane 5 in Kourou miterleben dürfen. Wir haben auf jeden Fall mal ein Mail an das Spacecenter geschrieben und uns für einen Besuch angemeldet – mal schauen ob es etwas wird.

alles bereit zum Start

alles bereit zum Start

So jetzt muss es mal gesagt werden – dieser Yachtclub ist wirklich das gastfreundlichste und großzügigste was wir je erlebt haben! Eigentlich wollten wir ja nur maximal 2-3 Wochen in Cabedelo bleiben und die notwenigsten Sachen erledigen, aber irgendwie sind wir mal wieder hängen geblieben. So sind es jetzt doch glatt zwei Monate geworden – ok, wir haben in dieser Zeit auch viel gearbeitet und nicht nur Party gemacht. Obwohl die Versuchung manchmal schon groß war (speziell zwischen Freitag und Sonntag), denn da wird der Churrasco-Grill kaum kalt und von den Mitgliedern des Yachtclubs wird so gut wie keine Entschuldigung fürs Fernbleiben akzeptiert.

geballte Frauenpower

geballte Frauenpower

Schon am frühen Nachmittag trifft man sich am oder im angenehm warmen Pool und genießt dort die ersten Häppchen und Drinks, selbst mitgebracht oder auch von der clubeigenen Bar. Sehr beliebt sind da Cocoswasser mit Whisky, die traditionelle Caipirinha oder ganz einfach eisgekühltes Bier. Inzwischen raucht auch schon der Grill und laufend werden Teller mit saftigen Fleischstückchen, leckeren Würstchen oder gerilltem Käse rumgereicht. Sehr angenehm, denn der Grillplatz ist gleich neben dem Wasser und alles wird im Pool zu den Barhockern serviert oder man tümpelt mit seinem schwimmenden Bierkühler herum. Irgendwann bilden sich aber dann Schwimmhäute zwischen den Fingern und man verlagert das Ganze doch lieber an die umliegenden Tische.

Poolparty

Poolparty

Meisten dauern diese Abende relativ lange und enden hochprozentig. Aber nicht nur da sind wir Segler gern gesehen, wir können auch das Dinghy sicher am Steg liegen lassen, uns Trinkwasser nehmen, die warmen Duschen benutzen,. und das alles frei. In der nebenan liegenden französischen Marina verlangen sie nur für den Dinghysteg R$ 100,– (ca. ? 30,–) pro Woche und sind dazu noch unfreundlich – da wissen wir umso besser wie gut es uns hier geht. Manchmal nehmen uns Betha oder Johan auch mit zum lokalen Markt oder fahren mit uns zu bestimmten Geschäften, die wir sonst nicht finden würden oder ohne Auto nicht erreichen könnten – ist alles eine Selbstverständlichkeit für sie (für uns aber nicht). Für den Diavortrag der Briten Rachel und Paul (SY Lynn Rival), die 2009 von somalischen Piraten gekidnappt wurden, organisiert der Club sogar eigens einen Bus nach Tambau für uns Segler, damit wir gut hin und natürlich auch sicher in der Nacht zurückkommen.

lecker, schmatz!

lecker, schmatz!

Auch zur Hobie-Kite-Regatta im Stammklub in Bessa und anschließend am Strand von Cabo Branco werden wir abgeholt und selbstverständlich in der Nacht zurückgebracht (Taxi ist ihrer Meinung nach zu unsicher!). Es ist sehr schwer sich bei so viel Herzlichkeit und Wärme auch mal erkenntlich zu zeigen, denn eine Spende fürs „Jugendsegeln“ oder sonstiges wollen sie einfach nicht annehmen. So beschließen die letzten drei Schiffe, SCORPIO mit Franz, Anna und Milena (Österreich), HUAIQUI mit Augustin und Simone (Spanien/Brasilien) und wir die Clubmitglieder mal so richtig zu verwöhnen. Wir tun uns zusammen, kaufen kurz bevor wir fahren Unmengen an Bier, Cola, Schnaps, Fleisch, Würstchen,. ein, machen leckere Salate und Nachspeisen und laden den ganzen Club zu einem großen Abschieds-Churrasco ein.

Abschied

Abschied

Dem Commodore Bernardo und Pedro, dem Directore überreichen wir dazu eine signierte österreichische Flagge, über die sich alle sehr freuen. Mit vielen Küsschen und Umarmungen werden wir dann verabschiedet, jedoch nicht ohne uns das Versprechen abzunehmen irgendwann mal wieder vorbei zukommen.
Pedro,Bete, Bernado, Betha, Johan, Deborah, Giljermo, Fabia, Cadet, Vagner, .. –

MUITO OBRIGDO PARA O TEMPO MARAVILHOSO !!!!

Der Teufel steckt im Detail

Der Teufel steckt im Detail

Jetzt werden wir auf unsere alten Tage auch noch eitel! Die letzten Wochen haben wir uns hauptsächlich der Verschönerung unserer Taurus gewidmet. Angefangen haben wir mit der Eindichtung unserer Luke, nicht weil sie undicht war, sondern weil uns die alte Dichtmasse nicht gefallen hat. Na, da könnten wir doch auch gleich mal den Holzrahmen abschleifen und neu lackieren. Gesagt, getan! Na ja, dies ist doch jetzt so schön und der Lack schon offen, da renovieren wir doch auch gleich mal den hölzernen Rahmen vom Niedergang. Ruck-zuck abgeschliffen und der ganze Schleifstaub im Schiff obwohl wir alles abgehängt und abgedichtet hatten, aber irgendwo kommt immer was rein. Also Staubsauger, Eimer und Wischmopp raus und Generalputz gestartet. Christoph meint dann gleich, denn ihn stört meine Sammelleidenschaft aus aller Welt: „da könnten wir doch gleich mal ein bisschen ausmisten!“ Na gut dann eben auch noch dies, wenn wir schon so dabei sind. Säckeweise wandern Prospekte, Stadtpläne und sonstiges Sammelsurium von Bord. Auch unser Büchereck wird entstaubt und aussortiert.

Neuer Glanz

Neuer Glanz

So jetzt sieht es wieder toll aus, aber die Decke! Nach so vielen Jahren ist der Lack schon etwas vergilbt. Also alle Paneelen ausgebaut soweit dies möglich war, denn derjenige der das Schiff gebaut hat, dürfte zuerst die Deckenpaneelen und dann erst die Inneneinrichtung geplant haben und so sind einige Decken- bzw. Wandverkleidungen speziell im Bad einfach nicht rauszubekommen. Na macht ja nichts, die werden eben direkt vor Ort gestrichen. Der Rest wandert Stück für Stück an Land, denn in Brian´s Workshop dürfen wir uns in einem Eckchen unter dem Flugdach ausbreiten und können dort ungestört unserer Leidenschaft in schleifen und spritzen nachgehen. Immer wieder bleiben die Arbeiterstehen und bestaunen unsere Tauchflaschenkonstruktion mit angeschlossener Spritzdüse – so etwas ist ihnen noch nie untergekommen (und auch nicht so schnelles und effektives Arbeiten).

gut geschnitten ist halb gewonnen

gut zugeschnitten …

Endlich ist die erste Partie fertig und liegt zum Trocknen aus. Wir sind ganz stolz auf das Ergebnis, jedoch am nächsten Morgen bekommen wir erst mal einen Dämpfer. In der Nacht haben sich die Hunde unsere frischgestrichenen Paneele als Spielwiese ausgesucht und sind mit ihren Pfoten über den frischen Lack getapst. Zu allem Verdruss haben sie manche Teile auch noch als Beißknochen angesehen und die Kanten und Ecken angenagt – wir sind etwas säuerlich, aber was sollen wir tun, außer alles noch mal neuerlich zu schleifen und zu spritzen und versuchen die Schäden so weit als möglich zu beseitigen. Endlich sind wir nach Tagen fertig und haben die großen Platten zwischen den Regenschauern, bei Wind und Gischt wieder mit dem Dinghy vorsichtig an Bord gebracht und montiert.

das tapfere Schneiderlein

… ist halb genäht …

Wir sind sehr zufrieden mit dem Ergebnis und nun fehlen zum perfekten Look nur mehr neue Bezüge für die Couch. So fahren wir nach Joao Pessoa und durchforsten die Stoffgeschäfte. In Brasilien ist dies einfach, denn alle Geschäfte einer Zunft sind immer eng beisammen. So gibt es ein Viertel der Autoschrauber, wo sich alle Hardware-Läden und Werkstätten konzentrieren, dann eine Straße an der alle Küchenutensilien und Töpfe verkauft werden. In einer anderen Ecke der Stadt gibt es nur Möbel, in der nächsten Ecke Elektronik, … aber alles immer mit lauter Musik und Lautsprecherdurchsagen, damit man auch auf die Geschäfte aufmerksam wird. Wir finden unseren neuen Look – statt gelb-weiß gestreift sind wir nun bunt-türkis gewürfelt. Tagelang sitze ich im Cockpit auf unserem kleinen Tisch und malträtiere unsere Nähmaschine. Dazwischen ein paar Wutanfälle, weil nichts so geht wie es gehen soll, ich sowieso zu wenig Platz habe und zu guter Letzt meine 35 Jahre alte, liebe und treue Maschine anfängt zu spinnen.

Kollateralschäden

… aber auch hier gibt es Kollateralschäden

Christoph verzieht sich zu solchen Gelegenheiten lieber sicherheitshalber auf andere Schiffe und tauscht mit anderen Seglern Hafeninformationen, Seekarten oder trinkt einfach nur ein Bier – sicher ist sicher! Ist mir auch lieber, aber zumindest nimmt er das Funkgerät mit und ich kann notfalls um (technische) Hilfe rufen. So nun sind wir mit der Innenrenovierung soweit fertig und mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Nach ein paar Jahren hat es sich eben auch mal ein neues Innen-Make-up verdient und strahlt jetzt wieder im ganz neuen Glanz.

Unser Ankerplatz vor Jacare

Unser Ankerplatz vor Jacare

Wir stehen in Jacaré in der Nähe von Joao Pessoa, also diesmal etwas nördlicher als vor fünf Jahren, da wir ja nun auf dem Weg zurück nach Europa sind. Aber das dauert noch etwas, da ja schließlich noch viel Sehenswertes dazwischen liegt und wir außerdem auf das Ende der Hurrikansaison in der Karibik warten sollten, bevor wir uns dorthin wagen. Es ist hier so ganz anders als im Süden Brasiliens, es regnet viel mehr und es sind rund um uns Mangroven und Dschungel – vielleicht schon ein kleiner Vorgeschmack auf den Amazonas?!? Nein, es hat sich in diesen fünf Jahren schon viel verändert, die Preise auch für die Grundnahrungsmittel (Reis, Bohnen, Farinha) und auch zum Essengehen haben sich fast verdoppelt, was uns auch die Einheimischen mit sorgenvoller Miene bestätigen. Trotzdem lassen sie sich ihre angeborene gute Laune nicht verderben, feiern und musizieren bis der Morgen (oder besser – bis es dem Morgen) graut. Was so viel heißt, als dass wir mal wieder mitten im Geschehen sind. Hier liegen auch ziemlich viele Fahrtenyachten, die fast alle Richtung Norden wollen und da ist “socialising“ mal wieder großgeschrieben. Man trifft sich abwechselnd auf den Schiffen, im brasilianischen Yachtclub zum Grillen, der französischen Marina zum Tanzen oder zum Arbeiten bei Brian im Workshop. Manchmal fahren wir gemeinsam nach Joao Pessoa zum Einkaufen oder nach Cabedelo am Wochenmarkt – es ist immer was los. Wir haben unsere vordere Luke ausgebaut und wollten diese, bevor sie undicht wird, renovieren. Die ersten vier Tage unseres Aufenthaltes waren auch wirklich schön und sonnig, aber seit dem Ausbau regnet es permanent jeden Tag. Wir haben über unserem Bett derzeit kein Fenster – aber keine Angst, noch haben wir kein Wasserbett, und unser Verdeck ist hoffentlich regendicht. Es muss ja auch mal wieder schöner werden, denn auch der Strand wartet auf uns.

Jetzt knallen die Korken! – 032° 56,7´  Länge, 07° 07,7´  Breite – heute haben wir einen der außergewöhnlichsten Punkte  unserer Reise erreicht!

ein guter Grund zu feiern ...

ein guter Grund zu feiern …

Aber was macht diesen unscheinbaren Punkt, knapp 120 Meilen  vor der brasilianischen Küste, für uns eigentlich so besonders? Eigentlich nur die Tatsache, dass wir schon mal hier waren, nämlich genau  vor 4 Jahren, 10 Monaten und 18 Tagen – wir haben damit  unser Kurslinie gekreuzt und die Erde wirklich umrundet. Dazwischen liegen zwei  legendäre Kaps,  29 unvergessliche Länder, unzählige wundervolle  Inseln und ca. 36.000 Seemeilen unendliche Weite mit vielen Eindrücken und  Erinnerungen. Am Anfang einer solchen Reise braucht man natürlich erst mal handfeste Ziele. Wir hatten uns vorgenommen einmal um die Welt über die Kaps zu segeln.Doch wie auch bei den anderen Seglern ändern sich die Prioritäten und somit die ausgewählten Routen mit zunehmender Zeit und Erfahrung. Viele bleiben einfach ein paar Jahre in der Karibik oder sie verkaufen ihr Schiff im Westen des traumhaften Pazifiks um sich die beschwerliche Heimreise rund um Afrika zu  ersparen, frei nach der Devise „Man soll aufhören wenn es am Schönsten ist“.

.... und anzustossen

…. und anzustossen

Natürlich können auch familiäre oder gesundheitliche Probleme dazu führen die anfänglich gesteckten Ziele aufgeben zu müssen, wie es bei uns fast der Fall gewesen wäre.  Auf jeden Fall haben wir für uns gelernt, dass es das Zusammentreffen mit unterschiedlichen Kulturen und natürlich Menschen ist, was uns weitertreibt. Es gibt einfach noch so viel zu sehen und zu erleben für uns. Obwohl wir bereits seit über fünf Jahren unterwegs sind, sitzen wir oft am Abend zusammen und hören uns von neuen Orten reden,  die wir noch „unbedingt“ besuchen müssen.Leider sind wir aber schon auf dem Heimweg und es wird nicht mehr lange dauern,  bis wir wieder vom grauen Alltagstrott eingefangen und an die unendliche  Freiheit, die wir jetzt genießen, zurückdenken werden.  Aber das ist auch ok, denn eigentlich sind wir nicht unglücklich darüber, sondern dankbar für das Privileg eine solche Reise gemacht haben zu können (und sie ist ja noch nicht zu Ende!) die unsere Sichtweise und Prioritäten doch sehr verändert hat.Wir sind einfach glücklich für jeden Tag, jede Erfahrung und jeden Menschen den wir getroffen haben, denn dies ist etwas dass man uns nie wieder wegnehmen kann.

meine zwei Prachtburschen

meine zwei Prachtburschen

Nachtrag:  Nach einigen Tagen Pause hatten wir gestern mal wieder die Angelleine ausgelegt. Wir sitzen im geschützten Cockpit, rund um uns dunkle Gewittertürme, als die Angelschnur mit lautem Ratschen plötzlich ausläuft. Beim Hereinkurbeln haben wir noch gerätselt, was  für einen wundervollen saphirblauen Fisch mit riesigen flügelähnlichen Flossen wir gefangen haben, aber dann haben wir das unverkennbare lange Horn gesehen. Unser erster Blue Marlin- na wenn das nicht ein Festtagsschmaus ist!

wo sind wir nur? - Mitten im Nirgendwo

wo sind wir nur? – Mitten im Nirgendwo

Nach knapp 10 Tagen und 1.400 Seemeilen stehen wir vor der wundervollen Felskulisse der wohl abgelegensten britischen Kolonie des Südatlantiks. St. Helena ist eine 122 km² kleine schroffe und windgepeitschte Insel mitten im Südatlantik, fernab jeglicher Zivilisation. Die Engländer dürften scheinbar seit jeher eine Affinität zu entlegenen Kolonien haben (Pitcairn, Niue, Chagos Archipel, St. Helena, Falkland Inseln,…) und machen ihre Hauptstädte immer dort wo es am meisten regnet (kommt uns zumindest so vor). Hier musste Napoleon seine letzten sieben Lebensjahre in der Verbannung verbringen. Im Gegensatz zu Elba gab es von hier wirklich kein Entkommen, denn die afrikanische Küste ist knappe 2.000 km entfernt, Südamerika ca. 3.000 km und die nächste Insel Ascension (1.125 km), ist noch um einiges kleiner. Als wir ankommen liegt gerade die RMS St. Helena, eines der beiden letzten Postschiffe der Welt, derzeit noch die einzige Möglichkeit auf die Insel zu kommen, vor Jamestown.

der Flughafen ist bereits fast fertig

der Flughafen ist bereits fast fertig

Seit 2006 wird (mit Unterbrechungen) jedoch emsig am Flughafen gebaut, der voraussichtlich Anfang 2016 eröffnet werden soll. Es ist ein gigantisches Projekt, denn auf dieser Insel gibt es kaum einen flachen Platz und so wurden Klippen abgetragen und tiefe Schluchten aufgeschüttet. Die Flugpiste endet spektakulär auf einer hohen Klippe und rundherum sind schroffe Felsnadeln und das noch auf der Luvseite (Wetterseite) der Insel. Dieser Airport kann sicher nur von sehr erfahrenen Piloten angeflogen werden. Auch sind uns gleich nach unserer Ankunft die unzähligen Telefonzellen aufgefallen, denn es gibt derzeit auch noch kein Handynetz hier. Noch wählt jeder brav über Festnetz oder verwendet im Hafengebiet das Funkgerät.

Jamestown von der Jacob`s Ladder aus

Jamestown von der Jacob`s Ladder aus

Es gibt auch keine Bankomaten, Geldwechseln geht auch nur gegen harte Devisen in der Bank. Aber das alles ändert sich mit der Eröffnung des Flughafens nächstes Jahr – sind wir glücklich diese Insel noch im Urzustand gesehen zu haben ohne Touristenmassen. Wir schauen uns zuerst im Hauptort Jamestown (850 Einw.) um, er ist sehr übersichtlich (könnte auch sagen klein) und echt britisch mit viel gregorianischer Architektur. Steigen die Jacob´s Ladder rauf – 699 Stufen, 600 ft. Höhe und eine Länge von 900 ft., das gab einen schönen Muskelkater, aber für diesen spektakulären Ausblick lohnt es sich. In der Touristoffice besorgen wir uns einen Inselplan und mieten für drei Tage ein Auto. Das reicht, da die Insel nur 17km lang und 10km breit ist.

Longwood House

Longwood House

Auf unserer Rundfahrt besuchen wir alle Sehenswürdigkeiten – das Grab von Napoleon (seine Gebeine liegen jedoch in Paris), seine Wohnstätten – Biars Pavilion und Longwood House (für „Gefängnisse“ eigentlich ziemlich luxuriös), die örtliche Destillerie und natürlich beim Plantation House den ältesten Inselbewohner, Jonathan mit über 180 Lenzen des älteste „Saint“ (ist natürlich kein Mensch sondern eine Seychellen Schildkröte). Leider spielt das Wetter nicht immer ganz mit und so wandern wir nur vom Sandy Bay (der einzige Sandstrand auf St. Helena) zu Lot`s Wife´s Ponds, von Thomson`s Wood zum South West Point und von Jamestown zum Sugar Loaf.

Jonathan vor seinem Plantation House

Jonathan vor seinem Plantation House

Das reicht auch, da die Insel wirklich steil ist und es permanent bergauf und dann wieder zurück auf Meeresniveau geht. Also die richtige Gegend für Gämsen. Am Sonntag war noch das alljährliche Seifenkistl-Rennen und 13 Fahrer haben sich todesmutig auf die Strecke begeben. Es gab natürlich auch einige Unfälle – gebrochene Steuerung, abgefallene Räder, usw. – aber keine Toten. Nur zwei leicht Verletzte und das waren Zuschauer, die nicht hinter den Reifenbarrieren geblieben sind. Danach ging noch die Post ab mit Livemusik und unzähligen Bars und Grillständen. Wir haben beschlossen, daß 12 Tage auf der Insel genug für unsere Geldbörse sind und sind am Dienstag aufgebrochen.

Speery Islands

Speery Islands

Heute ist auf der südlichen Hemisphäre Winterbeginn, d.h. die Tage werden wieder länger. Seit wir von St. Helena aufgebrochen sind merkt man bald täglich, wie das Wasser und die Luft wärmer werden, je näher wir der brasilianischen Küste kommen. Ascension haben wir nun doch rechts liegen gelassen, weil die Kosten schlicht und einfach diesen Umweg nicht lohnen. Nur für Einklarieren, Hafengebühren und Immigration würden wir wieder über 100,–EUR  ablegen und dann liegt man auf sehr offener, ruppiger Reede und weiß nicht einmal ob man überhaupt an Land kommt. Da sind wir lieber ein paar Tage früher in Südamerika und trinken einen Caipirinha mehr.

ausser Konkurenz

ausser Konkurrenz

Wie schon bei der Fahrt von Lüderitz nach St. Helena, sind wir auch jetzt recht flott unterwegs. Es ist wie ein permanenter Ritt auf einem Rodeopferd, überall blaue Flecken und Muskelverspannungen vom Versuch sich irgendwo sicher zu verbarrikadieren, aber dafür sind wir schnell.

wo ist denn mein Reifen geblieben?

wo ist denn mein Reifen geblieben?

Bei sieben Knoten Fahrt waren wir auch schnell genug um einen kapitalen Thunfisch an Bord zu ziehen, so ist die Ernährungsfrage für diese Woche auch erledigt. In nicht so ferner Zukunft werden wir dann unser Kielwasser vor Brasilien kreuzen und damit unsere Weltumseglung vollbracht haben.

wie im tiefsten Herbst

Lüdritz, wie im tiefsten Herbst

Erst seit fünf Tagen sind wir wieder auf See und haben doch schon den halben Weg bis nach St. Helena geschafft – 721 sm, das ist einfach SPITZE! Wir können es selbst kaum glauben, dass wir nun doch fast sechs Monate im südlichen Afrika verbracht haben. Es war sehr schön, aber auch langsam Zeit weiter zu kommen, denn es wird kälter und kälter. In manchen Nächten sinkt die Temperatur auf 9° C und am Tag steigt sie nicht über 15°C, das ist uns eindeutig zu kalt. Ok, manchmal gibt es auch schöne milde Tage, es ist eigentlich wie bei uns im Oktober/November. Abgesehen davon sind wir die letzte Fahrtenyacht hier im Hafen, alle Anderen sind schon vor Tagen und Wochen aufgebrochen. Christophs Führerschein ist am letzten Freitag eingetrudelt, wobei wir bemerken müssen, dass dabei das Honorarkonsulat in Windhoek mehr als hilfreich und entgegenkommend war.

Abschied von Freunden

Abschied von Freunden

Man merkt es halt, wenn jemand dies freiwillig tut und im Rahmen seiner Vorschriften und Möglichkeiten flexibel ist oder wenn, sowie bei der Botschaft in Pretoria, Beamte sitzen wo der österreichische Amtsschimmel lauthals wiehert. Wie auch immer, wir haben auf jeden Fall dieses rosa Papierchen (müsste eigentlich gold sein, soviel wie dies jetzt gekostet hat!), haben auch noch meinen Geburtstag gefeiert und Abschied von unseren Freunden genommen und sind dann Dienstag gemütlich aufgebrochen. Die ersten paar Meilen haben wir noch Fischerboote und Diamantschiffe gesehen, aber seitdem sind wir komplett alleine.

Kelbmöwen, einfach überall

Kelbmöwen, einfach überall

Das Beste ist jedoch, es wird von Tag zu Tag wärmer und auch in der Nacht. Wir schälen uns aus unserem Zwiebellook und legen eine um die andere Fleece- und Jackenschicht langsam ab. Endlich tauen wir wieder auf!

Shark Point

Shark Point

Jetzt müssen wir bald aufpassen, dass wir nicht noch eine Meldeadresse in Lüderitz bekommen, so lange sind wir nun schon hier. Langsam kennen wir wirklich jedes Eckchen und eine ganze Menge Leute, also fad wird uns hier eigentlich nicht, im Gegenteil. Man trifft sich im Yachtclub oder bei Beate und Günther, dem hiesigen TO-Stützpunkt. Die Beiden betreiben hier die „Alte Loge“ ein liebevoll hergerichtetes historisches Gästehaus aus dem Jahre 1909. Sie stehen jederzeit mit Rat und Tat zur Verfügung, stellen ihr WiFi zur Verfügung und gelegentlich rumpelt ihre Waschmaschine und verwandelt unsere dreckige Seglerwäsche wieder in wohlriechendes Gewand.

Günther u. Beate

Günther u. Beate

Aber das Beste ist, wenn mal wieder ein paar Segler zusammen kommen. Da binden sich Beide die Schürzen um und Günther schwingt den Kochlöffel, dann gibt es wieder Fisch, Calamari, Austern, Langusten und Wein bis zum Abwinken oder er wirft seinen Pizzaofen an, oh da muss sich so manches italienische Lokal verschämt verstecken. Aber wenn mal grad nicht gevöllert wird, machen wir gemeinsam lange Strandspaziergänge mit den Hunden oder wir sitzen zusammen und die Beiden erzählen von ihrem bewegten Leben, wie sie einen alten Kriegsfischkutter hergerichtet und über den Atlantik gebracht haben, von ihrem Helikopterdienst in der afrikanischen Steppe, ihrer Farm und vielem anderen.

Crayfish-Schwänze - wie lecker!

Crayfish-Schwänze – wie lecker!

Meistens werden die Abende bei ihnen ziemlich lang. Viel machen kann man ja abends nicht in Lüderitz, denn es gibt neben vielen Einheimischen-Kneipen (nicht ratsam und sehr laut) nur das “Barrels“ (nur offen von Do-Sa) und an der Waterfront den Yachtclub, das Sea Breeze Cafe und Ritzis Restaurant. Das Diaz Caffe und leider auch die urige Oysterbar haben inzwischen leider zu gemacht. Der Yachtclub ist mehr ein Socialising-Club, denn er hat nur zwei Schiffsbesitzer, aber dafür umso mehr trinkfeste Mitglieder und besteht eigentlich nur aus einer großen Bar und einem oft benutzten Griller. Der Yachtclub (und damit sind natürlich die Mitglieder gemeint) ist sehr seglerfreundlich und hilfsbereit, denn es gibt heiße Duschen, kaltes Bier und freies Internet – Seglerherz was willst du mehr! Die meisten Häuser in Lüderitz wurden zwischen 1908 bis 1912 erbaut, als der große Diamantenrausch war.

Diamantberg-Strasse

Diamantberg-Strasse

Lüderitz war damals eine blühende Stadt mit einer innerstädtischen Straßenbahn, einer Meerwasserentsalzungsanlage, einer Eisfabrik und dem ersten Röntgengerät im südlichen Afrika (wurde aber damals verwendet um “versehentlich“ verschluckte Diamanten bei den Arbeitern zu finden).   Dazu gibt es ein sehr nettes und informatives kleines Museum in der Diaz Street. Wir hatten ja Besuch für ein paar Tage – gemeinsam mit Papa und Teresa waren wir natürlich in Kolmanskop, dem damaligen Diamantencamp und jetzt Geisterstadt im Speergebiet.

Familienfoto

Familienfoto

Dadurch es hier ja kaum regnet, aber immer relativ feucht ist durch den Nebel, bleibt die Bausubstanz sehr gut erhalten. Man kann heute noch durch die über 100 Jahre alten Häuser wandern und die prächtigen Wandverzierungen und Stuckatur bewundern. Leider zerstören Sand und Wind langsam die ganze Pracht, bei jedem kaputten Fenster und jeder undichten Tür dringt Sand ein und die Dünen begraben langsam aber sicher alles unter sich. Genauso wie die Bahnlinie die schon seit Jahren wieder reaktiviert werden soll und immer wieder verweht wird. Leider war an den vier Tagen die mein Papa zu Besuch war, an zwei Tagen Sturm und den anderen beiden Tagen dicke Nebelschwaden (so ein Wetter hatten wir weder vorher noch nachher wieder) und lausig kalt.

Kollmanskop

Kollmanskop

Trotzdem sind wir natürlich zum Agate Beach gefahren und haben Achate gesucht und waren am Diaz Point mit seinem Leuchtturm und Flamingos. Wir konnten uns aber kaum bis zum Kreuz hochkämpfen, weil uns der Wind fast von der Klippe geblasen hat. Das Meer hat da natürlich dann noch bombastischer und bedrohlicher ausgesehen. Eigentlich wollten wir ja mit den Beiden einen kleinen Segeltörn dorthin machen, aber das hat wohl nicht sein sollen – eigentlich schade. Nur in der Felsenkirche hatten wir Glück, denn da ist gegen Abend mal für ein paar Minuten die Sonne durchgekommen und hat die bunten Glasfenster wunderschön erstrahlen lassen – na wenigstens etwas. Am nächsten Tag sind die Zwei weitergefahren und seitdem warten wir auf Christophs Führerschein.

Essenszeit

Essenszeit

Halleluja – heute kommt endlich die Nachricht von der österr. Botschaft in Pretoria/Südafrika, dass er dort eingelangt ist. So jetzt ist er zumindest schon mal am richtigen Kontinent, mal schauen wie lange er nun noch bis zu uns braucht? Aber auch diese Zeit werden wir noch aussitzen, es kann sich ja nur mehr um Tage handeln.

alles beginnt mit dem ersten Schritt

alles beginnt mit dem ersten Schritt …

Was lange dauert, wird trotzdem gut! (frei nach mir) Ach wie haben wir die paar Tage genossen, die mein Vater und Teresa auf ihrer Rundreise durch Namibia bei uns verbracht haben. Sie haben uns aber auch eine ganze Tasche voll mit schönen und dringend benötigten Dingen von zu Hause mitgebracht und nun sind wir unter anderem wieder mit einem funktionierenden Computer und einer neuen Kamera gesegnet. Jetzt steht den neuen Berichten und Geschichten ja nicht mehr viel im Weg, außer vielleicht meiner literarischen Faulheit. Also die Sache mit unserem Mietwagen hat ja letztendlich nun doch geklappt und wir haben in den uns verbleibenden 20 Tagen (bis unser Besuch gekommen ist) beachtliche 5.680 km auf den Tacho gebracht. Das Land ist größer als wir zuerst annahmen, die Straßen sind jedoch in überraschend gutem Zustand, sogar die C- u. D-Straßen (Sand/Schotterpisten).

… und manchmal mit Hindernissen

Wir hatten zwar keinen Geländewagen, sondern nur einen kleinen VW Polo bekommen, der natürlich nicht die Bodenfreiheit wie ein 4×4-Auto hat, uns aber trotzdem auch über die holprigsten Pisten und schlammigsten Wasserfurten gebracht hat. Losgefahren sind wir natürlich in Lüderitz, dann über Aus mit seinen Wildpferden und Relikten des deutschen Strafgefangenlagers von 1918 immer nahe an den gigantischen Sanddünen der Namib Wüste (D707) entlang nach Betta. Dies ist auf der Karte als Ortschaft eingezeichnet, ist aber nicht mehr als eine Farm mit Tankstelle und einem sehr spärlich bestücktem Gemischtwarenladen. Also man muss hier immer genug Vorräte und Sprit mit sich führen, denn einkaufen und tanken geht nur in den wenigsten “Ortschaften“. Über die Nubibberge vorbei an riesigen Herden von Oryx-Antilopen, Zebras, Strauße und Springböcken geht es nach Sossusvlei, einem touristischen Highlight, was man auch merkt. Bisher waren wir meistens alleine und auch auf den Straßen sind wir kaum anderen Fahrzeugen begegnet, aber hier rockt der Bär. Der Campingplatz ist voll, die Preise hoch, bis spät nachts ist Trubel und vor dem Morgengrauen ist bereits der große (und lautstarke) Aufbruch Richtung Dünen zum Sonnenaufgang – also einen Wecker braucht man hier bestimmt nicht.

Deathvlei

Deathvlei

Da wir innerhalb der Nationalparkgrenzen „logieren“, steigen wir am Abend noch mit einem kühlen Bier ausgestattet auf eine Düne und genießen ganz alleine den wunderschönen Sonnenuntergang über den umliegenden Bergen. Also auch hier findet man ein ruhiges Plätzchen, wenn man nicht auf den ausgetretenen Pfaden bleibt. In der Früh schließen wir uns dem allgemeinen Aufbruch an, klettern auch auf die Düne 45 und fahren anschließend die 60 km weiter bis nach Deathvlei. Mit genug Wasser und Proviant ausgestattet wandern wir in das abgeschiedene Tal mit seinem salzverkrusteten Boden und toten Bäumen. Es ist richtig surreal, dort inmitten von hohen Sanddünen so einen Ort vorzufinden. Trotz der harschen Bedingungen gibt es dort Leben, langbeinige Käfer sausen über den Sand, Eidechsen liegen im Schatten der Sanddünen und die nächtlichen Schlangenspuren und Hufabdrücke von Antilopen werden erst im Laufe des Tages vom Wind verweht. Irgendwie fühlt man sich wie in einer verwunschenen Welt. Da es uns aber wieder ans Wasser zieht ist unser nächstes Ziel dann Walvis Bay, der zweite mögliche Ankerplatz in Namibia. Eigentlich hoffen wir dort noch ein paar andere Segler zu treffen, aber derzeit wird der Hafen ausgebaggert und umgebaut und dies dürfte die Meisten zur raschen Weiterfahrt bewegt haben.

Swakopmund

Swakopmund

Wir fahren auch weiter nach Swakopmund, einem netten kleinen Hafenstädtchen mit wunderschönen alten Kolonialhäusern. Ein Abstecher zur Seelöwenkolonie am Cape Cross ist zwar sehr geruchsintensiv, aber die tausenden Knopfaugen dieser possierlichen Tierchen lassen uns ihren strengen Geruch schnell vergessen. Ach ja, auf dem Weg dorthin stehen mitten in der Wüste kleine Verkaufsstände mit Salzrosen und Mineralien, Wasser wäre da angebrachter, aber um das wird man sowieso angebettelt wenn man mal stehen bleibt. Generell müssen wir feststellen, dass das öffentliche Verkehrssystem nicht sehr gut ist. Es funktioniert nur dadurch, dass Privatfahrzeuge oder Truckfahrer gegen Entgelt Passagiere mitnehmen. Überall stehen die Menschen auf der Straße und winken, wenn sie ein Auto sehen. Wir halten auch mal an, weil ein älterer Mann mit einem Baby am Arm direkt vor uns auf die Straße springt.

undankbarer Fahrgast

undankbarer Fahrgast

Herero6Neben ihm steht ein Eselkarren mit seiner Frau, einer echten Herero mit ihrer auffälligen Kopfbedeckung. Er erklärt uns, dass sein Baby sehr krank sei und er dringend ins 120 km entfernte Spital muss. Natürlich nehmen wir ihn mit, aber zuvor macht Christoph noch ein Foto von der Frau, worauf sie die Hand ausstreckt und meint: „Ten dollar!“ – Moment, wir nehmen ihren Mann und das Baby 120 km gratis mit und dann sollen wir für ein Foto zahlen?!? Nach etwa 80 km kommen wir in ein kleines “Dorf“ mit einer Kneipe und einem kleinen Laden und der Mann deutet mir ich soll stehen bleiben. Er steigt aus, reicht sein Baby einer anderen Frau weiter und geht ohne Gruß oder Danke einfach weg. Wie wir später hören, ist das eine übliche Art auf bequeme und schnelle Art in das nächste Dorf zu kommen, denn Touristen sind ja gutmütig und kennen die hiesigen Gebräuche und Tarife nicht. Es ist ja kein Problem hilfreich zu sein, aber ein einfacher Dank wäre schon nett gewesen.

Windhoek

Windhoek

Aber es ist nicht immer so, denn ein andermal haben wir bei einer Reifenpanne mit einem Wagenheber und Werkzeug ausgeholfen und da waren die Leute mehr als nett und dankbar. Na ja, man macht eben gute und schlechte Erfahrungen – Hauptsache die Guten überwiegen. Wir fahren auf direktem Weg nach Windhoek, da wir den österreichischen Honorarkonsul aufsuchen wollen. Christoph`s Führerschein ist ja auch in Südafrika abhanden gekommen und ich will nicht ausschließlich fahren. So stellen einen Antrag auf Neuausstellung. Das Dokument dauert sicher ein paar Wochen, denn von Namibia muss alles zuerst nach Pretoria/SA geschickt werden und von dort dann ans Auswärtige Amt und schließlich ans Verkehrsamt Wien und das Ganze natürlich auch wieder den ganzen Weg retour. Ob das nicht eine teure Schnapsidee war wird sich noch zeigen, denn unbegrenzt können wir natürlich auch nicht in Namibia bleiben. Zum Drüberstreuen ruft uns noch die Sekretärin zwei Tage später an, dass noch ein Formular fehlt und somit natürlich auch noch eine Unterschrift.

Tywelfontein

Tywelfontein

Wir sind aber bereits kurz vor dem Etosha-NP und kommen erst wieder eine Woche später retour in die Hauptstadt, was die Sache natürlich auch wieder verzögert. Aber der Reihe nach, wir begeben uns jetzt auf die Spuren der Steinzeit, versuchen die Dinosaurier-Fußabdrücke zu finden,

und wiedermal

und wiedermal

fahren zu den Rock Fingers, dem Petrified Forest (versteinerter Wald), den Organ Pipes (Basaltsäulen), den Burned Mountains (schwarze Berge) und sehen uns in Twyfelfontein (Zweifelhafte Quelle) die Felsmalereien und -ritzungen der Buschmänner an. Am Joubert Pass wird es dann lustig, denn starke Regenfälle haben zwei Wochen zuvor den Großteil der Straße weggeschwemmt und ebenso die Zufahrt zum Camp Aussicht. Wir quälen uns durch tiefe Wasserläufe und die “Straße“ wird immer schlechter.

Aufmunterung

Aufmunterung

Für die sechs Kilometer bergauf brauchen wir fast eine Stunde, aber immer wieder hängen nette aufmunternde Schilder, wie z.B. Geschwindigkeitsbegrenzung 80km/h usw. Als wir oben ankommen ist Marius sehr verwundert, dass wir es geschafft haben, denn eigentlich ist die Zufahrt nur für Allrad geeignet und dies im Moment auch nur bedingt. But nomen est omen – die Aussicht und auch der Campingplatz sind wirklich außergewöhnlich.

Dioptas

Dioptas

Alles ist selbstgezimmert, wir haben einen eigenen donkey (Warmwasserboiler) zum selbst einheizen mit Holz, eine Eimerdusche und ein Plumpsklo mit Aussicht übers Tal. Marius noch hier eine Dioptas-Mine, die er uns am nächsten Morgen auch zeigt. Wir klettern mit Laternen in den tiefen Schacht und scheuchen die unzähligen Fledermäuse auf, die flatternd um unsere Köpfe huschen und am Ende des Schachtes sitzen zwei “Wachhasen“ (kein Spaß!) Aus der Abräumhalde dürfen wir uns dann ein paar von den grün und blau schimmernden Mineralien als Erinnerung mitnehmen. Eigentlich wollten wir ja auch zu den Epupa Falls an der Grenze zu Angola fahren, aber in Opuwo sprechen wir mit ein paar Leuten die es mit Allradfahrzeugen versucht haben und für die 220 km zwei Tage gebraucht haben, da die Piste aufgrund der starken Regenfälle so ausgewaschen ist. Was sollen wir da mit unserem kleinen VW erst machen?

erst einheizen ...

erst einheizen …

... und dann geniessen!

… und dann geniessen!

So beschließen wir eben zu den Ruacana Falls zu fahren und hoffen, dass sie aufgrund der vorherigen starken Regenfälle in Betrieb sind. Das Problem dort ist, dass kurz davor ein Kraftwerk ist und die Wasserfälle nur fließen, wenn genug Überschuss da ist. Da, so wie in ganz Afrika, keiner darüber Bescheid weiß und Tourist-Informationen nur dafür da sind, dass Leute, die keine Ahnung von irgendetwas haben, einen schattigen “Arbeits“platz haben, müssen wir eben einfach dorthin fahren und selbst schauen. Leider umsonst, denn sie sind trocken wie die Wüste. Nichtsdestotrotz die Seenlandschaft nördlich des Etosha-NP und der angolanischen Grenze ist einfach wunderschön grün und fruchtbar.

Oryx-Antilopen

Oryx-Antilopen

Mit Unmengen von Zebras und Wildpferden, dazwischen riesige Ziegen- und Rinderherden und das Ganze in einer Landschaft mit tausenden kleinen Seen mit Seerosen und Lilien. Wir sind über den nördlichen Eingang in die Etosha-Pfanne gefahren. Die Landschaft ändert sich hier alle paar Kilometer, mal dichter Bush mit Giraffen, dann weite Grassteppe mit Zebras und Strauße und dann wieder Sumpfland mit Flamingos und Gnus.

Etosha-Pfanne

Etosha-Pfanne

Im Halali-Camp gibt es sogar ein beleuchtetes Wasserloch, damit man auch in der Nacht die Tiere beobachten kann und es funktioniert wirklich. Wir sehen neben unzähligen Schwalben die auf Insektenjagd gehen sogar ein schlafendes Rhinozeros.

richtig kuschelbedürftig

richtig kuschelbedürftig

Kurz bevor wir aus dem Park fahren stehen sogar noch Elefanten direkt neben der Straße und lassen sich so gar nicht vom Entlauben der Bäume abhalten. Nur die Raubkatzen entziehen sich unserer Blicke oder wir sind einfach zu blind. So fahren wir durchs Anderson Gate raus und gönnen uns noch eine Nacht im Eldorado, einer wunderschönen Farm, wo Strauß, Oryx, Kudu, … daheim sind und auch Geparden, Leoparden, Caracals und Hyänen. Letztgenannte durfte ich sogar füttern und streicheln. Zwar waren mir vorher Hyänen immer etwas suspekt, aber eigentlich sind es ganz intelligente Tiere die fürchterlich verspielt sind. Ich musste nur bei ihren “Liebesbissen“ aufpassen, dass sie nicht zu übermütig werden und mir versehentlich den Arm durchbeißen.

Geparden - geballte Kraft ...

Geparden – geballte Kraft …

Die blauen Flecke habe ich aber als Erinnerung noch für einige Tage behalten.Zurück in Windhoek haben wir nochmals das Konsulat aufgesucht und hoffen nun, dass alles möglichst rasch seinen Weg geht und wir bald wieder im Besitz der kleinen rosa Karte sind.

... und Überlegenheit (Leopard)

… und Überlegenheit (Leopard)

So jetzt neigt sich unsere Rundfahrt langsam dem Ende zu, über die B1 (Trans-African-Highway) radeln wir 500 km eine schnurgerade Straße bis Keetmanshoop. Dort machen wir noch einen Schlenker zum Quiver Tree Forest (Köcherbaumwald) und dem Giants playground (Riesenmurmeln) bevor wir die C12 zum Fishriver Canyon fahren. Die ganze Zeit hatten wir mehr oder weniger schönes Wetter, aber genau dort braut sich gerade ein kräftiges Gewitter zusammen. Wir können es mal wieder nicht lassen und fahren die 4×4-Route den Felsgrad entlang bis zum Ende.

Fishriver Canyon

Fishriver Canyon

Vor uns und neben uns geht es ein paar hundert Meter senkrecht runter, die Aussicht ist famos und vor uns türmen sich die schwarzen Gewitterwolken auf und die Blitze erhellen den Himmel – es ist wirklich beeindruckend.

statische Elektrizität

statische Elektrizität

Doch bevor wir von dort weggeschwappt werden, fahren wir doch lieber wieder auf die normale Straße zurück und die letzten Kilometer bis Ai-Ais. Dort packen wir uns ins angenehm warme Thermalwasser und lassen uns erst mal so richtig genüsslich durchweichen. Nach so viel Sand und Staub ist das eine echte Wohltat. Am nächsten Tag geht es über die D207 am Oranje River entlang durch schroffe Täler und enge Bergpässe bis nach Ferry Crossing, dem Grenzübergang nach Südafrika.

Oranje River

Oranje River

Wir biegen jedoch nach Rosh Pinar ab und fahren die C13 bis nach Aus, wo wir uns in Klein-Aus noch eine letzte Nacht auf festem Boden gönnen bevor wir auf unser Schiff zurückkehren.Obwohl die Rundreise wirklich toll und sehr interessant war, haben wir unser schaukelndes Zuhause doch irgendwie vermisst. Home sweet home!

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