Brasiliens Osten – Jacaré / Joao Pessoa
Mit seinen rund 800.000 Einwohnern ist Joao Pessoa im Distrikt Paraiba für brasilianische Verhältnisse eine Kleinstadt und es gehört auch sicher nicht zu den touristischen Höhepunkten des Landes, dennoch ist es für Fahrtensegler ein wohlbekannter Ort. Dies liegt in erster Linie an seiner Lage am östlichsten Punkt Südamerikas, daher ist die Distanz von den Kap Verden deutlich kürzer als gleich in die Karibik. Außerdem wollen sich einige Segler dem Herbstansturm der Schiffe auf der Route Kanaren – Kap Verden – Karibik nicht aussetzten, sondern abseits der Saison die Kanaren und Kap Verden besuchen. Um trotzdem erst gegen Ende der Hurrikansaison in der Karibik zu sein, bietet sich natürlich Brasilien und der Norden Südamerikas zum Verweilen an. Da hier zusätzlich auch viele Schiffe, von Südafrika kommend Stopp machen, gibt es immer einen regen Informationsaustausch zwischen den Seglern. Natürlich würde sich auch Natal oder Fortaleza als Ansteuerungspunkt anbieten, jedoch haben sich diese Orte in den letzten Jahren einen sehr schlechten Ruf, wegen der vielen Übergriffe auf Segler aufgebaut. Von Jacare dagegen hört man nichts dergleichen. Diese Sonderstellung haben schon sehr früh ehemalige Fahrtensegler wie Phillipe Fessard und Brian Stevens erkannt, sich in Jacare niedergelassen und die entsprechende Infrastruktur errichtet.
Jacare gehört zu Cabedelo und dieses ist ein Vorort von Joao Pessoa, aber eigentlich sind all diese Orte in den letzten Jahren mehr oder weniger zusammen-gewachsen. Jacare heißt auf Deutsch „Krokodil“, jedoch ist die Change eines zu sehen eher gering.
Im Zentrum von Joao Pessoa prägen bunte Häuserzeilen im typisch brasilianischem Baustil der vorletzten Jahrhundert-wende, prächtige Kathedralen, einige Parks und eine kleine Fußgängerzone das Aussehen. Dennoch ist es sehr übersichtlich und in kaum einer Stunde abgewandert. Es ist jedoch nicht die Architektur, die dieser Stadt ihren Charme verleiht, sondern ihre Menschen. Es ist ungewöhnlich quirlig und sauber für brasilianische Verhältnisse. Mit dem Zug für 0,50 R$/Pers. oder Bus 2,75 R$/Pers. kommt man von Jacare nach Cabedelo oder in die Stadt. In Joao Pessoa ankommend steht man gleich mal mitten im „Schrauberviertel“ ein Hardwareladen neben dem Anderen lässt bekanntlich das Herz jedes Seglers höher schlagen. Wie in Brasilien üblich herrscht in den Städten eine strikte Gruppierung der Zünfte und man hat daher Geschäfte gleicher Gattung immer eng beisammen. Weiter geht’s also den Berg rauf, links erst die Küchen- und Gasutensilien, dann die Kleidung und rechts an der Haushaltselektrik vorbei. Kaum zu glauben, welch große Aktivlautsprecher der Brasilianer zu Hause braucht und um einem die Notwendigkeit einer solchen Investition gehörig vor Augen zu führen wird man hier mehr als sonst beschallt. Kaum haben sich die Ohren beruhigt, kommt man am Gebäude der Militärpolizei und am Palast des Gouverneurs vorbei und schwenkt in die Fußgängerzone mit ihren vielen kleinen Läden und Snackbars ein. Überall werden wir von Musik und durcheinander quasselnden Menschen empfangen, denen es scheinbar egal ist, ob wir sie mit unserem dürftigen Portugiesisch verstehen oder nicht. Brasilien ist eben laut, aber wir lieben es trotzdem!
Erschöpft vom vielen Herumlaufen und auch vom reden mit Händen und Füßen, ändert sich das jedoch auch am Ankerplatz nicht, denn Punkt 16:00 starten die vielen Ausflugsboote mit Livemusik und Tänzern an Bord, um im Halbstundentakt mit den zumeist brasilianischen Touristen den Fluss auf und ab zu fahren mitten durch das Ankerfeld. Nach kurzer Zeit kennt
man jedes der Schiffe und ihre immer gleiche Musik. Den Höhepunkt bildet ein Saxophonist, welcher seit über 20 Jahren jeden Tag um Punkt 17:00 seinen Bolero von Ravel zum Besten gibt. Er kann wirklich mit seinem Instrument umgehen, und wenn hinter ihm stimmungsvoll die Sonne untergeht, hören jeden Tag einige Hundert Menschen gerührt zu – auch wir Segler.
Nachdem die letzten Ausflugsboote mangels Lichts ihre Gäste ausladen, vor Anker gehen und langsam die Musik verstummt, startet das Socialising der Fahrtenseglerszene. Während der Woche ist immer irgendwas auf einem der Schiffe los und am Wochenende sind wir meist im Yachtclub beim Churrasco. Die Seglercommunity hier ist nicht gerade klein, also ist einfach immer was los und eine kleine Eingewöhnung an die Karibik kann ja nicht schaden.
Wir stehen seit fast zwei Monaten hier und langsam wollen wir weiter. Aber es ist August und die Regenzeit hat uns noch in ihrer Umklammerung. Ein Tag schwül-heiß, ein Tag Regen – dennoch im Nordwesten, Französisch Guyana, Surinam und Guayana ist es noch viel schlimmer zu dieser Zeit und wir beschließen unser Schiff bereits hier weiter auf Vordermann zu bringen. Die letzten 36.000 Meilen haben wir immer nur geschaut, dass unser Heim technisch 1A ist, aber für die feinen Details wie, nach Jahren vergilbte Deckenpannele wechseln, Holzlackarbeiten an der Einrichtung oder diverse Näharbeiten, wie neue Couchbezüge, hatten wir nie Zeit (oder Lust). Jetzt kommt auch mal dies dran.
Vor knapp fünf Jahren waren wir das letzte Mal in Brasilien, wir sind kaum 200 Meilen weiter südlich in Macceio gelandet und von dort langsam weiter nach Süden getingelt. Viel hat sich seither in diesem Land verändert. Die Preise haben sich fast verdoppelt und aufgrund der schlechten Wirtschaftslage schimpfen viele über die korrupte Regierung. Vor fünf Jahren hätten sich die positiv denkenden Brasilianer eher die Zunge abgebissen, als so über ihre Regierung zu reden. Trotzdem hat Brasilien nichts von seinem Charme verloren, die lebenslustigen Menschen, die scheinbar für jedes Problem eine Lösung kennen, machen süchtig.
Der tägliche Bolero beginnt, also genug für heute, nun zum Wissenswerten:
Anfahrt:
Die Küste ist weitgehend von einem vorgelagerten Korallenriff geschützt, also muss man in einen breiten Pass einschwenken, um in den Rio Paraiba zu gelangen (Abbildung 4). Eigentlich gibt es keine nennenswerten Gefahren bis zur Einfahrt, außer natürlich den vielen Fischerbooten, welche bis zur Kante des Kontinentalschelfs anzutreffen sind. Die kleinen Boote ankern auf 50-100m Wassertiefe, bei meist abenteuerlichen Schwell. Natürlich bevorzugt in der Nacht und selten mit Navigations- oder Ankerlichtern.
Hat man den Pass erreicht, führt eine breite mit Bojen gut gekennzeichnete Fahrrinne ca. 2 Meilen in den Fluss bis zum Handelshafen in Cabedelo. Anschließend geht es noch ca. 4 Meilen unbetonnt weiter nach Jacare. Zu beachten ist der (besonders bei Springtide) starke Tidenstrom, welcher stellenweise über 5 Knoten erreicht. Es macht daher Sinn, die Ankunft mit dem Niederwasser zu timen. Die Karten sind gut, daher kann auch das Teilstück nach Jacare bei Nacht gemeistert werden. Vor den Stegen ankern kann man überall ankern. Man sollte jedoch auf ausreichend Abstand achten, da die Schiffe sehr stark swojen können. Aufgrund des starken Stroms und den eher beengten Platzverhältnissen in den Marinen, macht es Sinn immer erst mal zu ankern, mit den Liegeplatzbesitzern reden und auf Stillwasser zu warten.
Formalitäten:
Wie überall in Brasilien hat man 48h Zeit, sich bei den Behörden zu melden. Jedoch am Wochenende sollte man es gar nicht erst versuchen. Es ist erst die Immigration (Policia Federal) dann der Zoll (Receita federal) und als letztes die Hafenbehörde (Capitania dos Portos) aufzusuchen. Da in Cabedelo jedes Jahr rund 140 Jachten einklarieren, haben die Behörden Erfahrung und es geht alles sehr schnell und relaxt. Die Immigration befindet sich in Intermares, ca. 3 km nördlich an der Bundesstraße BR230. Es ist nicht allzu weit, jedoch ist der Weg unangenehm, da man direkt auf der Autobahn gehen muss. Ein Taxi ist da bequemer. Die beiden anderen Behörden liegen sich genau gegenüber im Hafen von Cabedelo, sie sind daher leicht mit dem Zug zu erreichen. Seit diesem Jahr muss man die Angaben für den Zoll im Internet ausfüllen und die ausgedruckte Bestätigung mitbringen. Zu finden unter: www.edbv.receita.fazenda.gov.br etwas kompliziert, da man erst mal Internet und einen Drucker finden muss. Wichtig ist auch, dass man unter eingeführten Wertgegenständen (Punkt 3) das Schiff anführt, man sollte den Wert jedoch so niedrig als möglich halten, da bei einer allfälligen, späteren Strafe, z.B. durch zu langen Aufenthalt in Brasilien, 10% vom Schiffswert anfallen.
Leider kann man seit diesem Jahr auch nur mehr 90 Tage in Brasilien verweilen, anschließend muss man für 180 Tage ausreisen. Dies gilt für alle Staatsbürger der Schengenstaaten – eine Verlängerung ist ABSOLUT nicht mehr möglich. Das Schiff darf ohne Verzollung auch nur 90 Tage bleiben. Kann man jedoch einen offiziellen Vertrag eines Liegeplatzes vorweisen (weil man dazwischen Heim fliegt) bekommt man problemlos 2 Jahre.
Liegeplätze:
Freies Ankern:
Freies Ankern ist überall möglich vor den Stegen der Marina bis zum Yachtclub. Es ist überall 4-6m tief, mit ausgezeichnet haltendem Grund. Jedoch ist zu bedenken, dass gezeitenbedingter Strom bis 5 Knoten herrscht. Bei Wind gegen Strom (bei einlaufendem Wasser) drehen die Schiffe oft Pirouetten, also genügend Schwojraum lassen! Das Dinghy kann man am besten im Yachtclub festmachen.
Marinas:
JACARE-Yacht-VILLAGE
Ca. 40 Stegplätze, kosten ca. 400,-€/Monat für 12m und ca. 5 Moorings, kosten ca. 200,-€/Monat für 12m. Es gibt Elektrizität, Wasser, WiFi, Duschen, WC, Wäscherei (R$ 8,–/kg), Swimmingpool und ein kleines Restaurant. Als Ankerlieger kann man auch nur den Dinghysteg und die Duschen benutzen, dies kostet 100,– R$ / Woche
In erster Linie wird französisch und portugiesisch gesprochen, englisch nur sehr rudimentär. Seit der Gründer Phillipe Fessard zwei Partner bekommen hat, geht es wieder bergauf mit der Marina.
Jacare Yacht Village
Vila dos Pescadores, Praia do Jacare , 58310.000 CABEDELO .PB BRESIL
Tel.: +55 (83) 8739 1144 (Francis)
+55 (83) 8600 6798 (Nicolas)
Intern.: www.marina-jacare-village.com
E-Mail: contact@marina-jacare-village.com
Peter´s Pier
Ca. 10 Stegplätze, kosten ca. 320,-€/Monat für 12m, sowie einige Moorings. Es gibt Elektrizität, Wasser das beste WiFi der Umgebung sowie Duschen und WC.
Peter spricht neben portugiesisch auch sehr gut englisch und deutsch. Peter´s Kunden sind in erster Linie Brasilianer, daher ist er bei Fahrtenseglern eher unbekannt. Peter ist jedoch extrem hilfsbereit und stellt den Ankerliegern sein WiFi kostenlos zur Verfügung. Auch das Anlegen mit dem Dinghy ist kein Problem.
Centro Nautico do Jacare „Peter´s Pier“
Vila dos Pescadores, Praia do Jacare , Cabedelo
Tel.: +55 (83) 3247 4791
+55 (83) 8766 8859
Intern.: www.cnj.nu
E-Mail: contato@cnj.nu
Ribeira adventure Club
Gleich gegenüber von Jacare, an der Rückseite von Stuart Island, gibt es noch die kleine, 2010 eröffnete Marina von Luciano & Concita. Ribeira ist nicht viel mehr als ein paar Hütten und Häuser in mitten der Mangroven – idyllisch gelegen und deutlich ruhiger als das quirlige Jacare. Das Wassertaxi von Ribeira nach Jacare kostet 2,– R$/P.
Ca. 6 Stegplätze, rund 40% günstiger als Jacare Yacht Village und einige Ankerplätze. Es gibt Elektrizität, Wasser, WiFi, Waschmaschine, Duschen, WC und eine kleine Bar, Luciano spricht neben portugiesisch, spanisch und englisch. Leider können nur Schiffe mit einem Tiefgang von maximal 2m die kleine Marina erreichen.
Ribeira adventure Club
Ribeira, Santa Rita , Paraiba
Tel.: +55 (83) 3665 5003
+55 (83) 9691 6009
E-Mail: ribeiraadventureclub@hotmail.com
Intern.: www.ribeiraadventureclub.blogspot.com
Yachtclub:
Es gibt in der Umgebung von Joao Pessoa nur einen Jachtclub, und zwar den Iate Clube da Paraíba. Er hat neben dem Stammclub in Bessa eine Dependance in Jacare. Diese Zweigstelle wurde erst Anfang 2015 nach einem Managementwechsel wiedereröffnet. Dieser Wechsel hat auch große Auswirkungen auf die Fahrtenseglerszene, da Bernardo der Commodore des Clubs mit allen Clubmitgliedern beschlossen hat, die internationalen Segler willkommen zu heißen. Dinghyliegeplatz, WC, warme Duschen, Wasser, Pool, Grillplatz sind frei zugänglich und man ist stets ein gerngesehener Gast bei den vielen Partys am Wochenende. Es gibt auch eine Bar mit Getränken und Speisen zu moderaten Preisen. In gutem Einvernehmen kann man sogar das Schiff sicher für kurze Zeit am Clubsteg lassen. Der Jachtclub ist definitiv der freundlichste in dem wir die letzten Jahre waren.
Iate Clube da Paraíba
Stammclub: Av. Argemiro de Figueiredo, 5059, João Pessoa
Dependance: Praia do Jacare , Cabedelo
Manager: Bernardo
Tel.: +55 (83) 3512 8478
E-Mail: iatepb@gmail.com
Intern.: https://www.facebook.com/iateclubedaparaiba
Reparaturen:
In der ganzen Umgebung gibt es einige kleine Shipyards, jedoch die Möglichkeiten sind sehr begrenzt. Die für Segler interessanteste ist Brians Shipyard.
Cabedelo Nautica
Brian Stevens, ein Engländer, kennt jeden und kann so ziemlich alles besorgen. Leider können nur Schiffe bis 10 t an Land gestellt werden, da sich die Behörden weigern eine größere Rampe zu genehmigen. Obwohl auf vielen Seiten geschrieben wird Brian sei schon seit 2012 in Pension, kümmert er sich doch noch rührend um die Seglergemeinde und organisiert öfters mal Grillabende bei sich zu Hause. Dennoch Brian ist bereits über 80, also kann sich das rasch auch ändern. Man kann seinen Workshop gegen einen kleinen Unkostenbeitrag nutzen und auch er bietet einen Waschservice an (11kg Maschine – R$ 7,–/kg) und hat einen kleinen Shop für Segelzubehör.
Cabedelo Nautica
PRAIA DO JACARE, 99 – Cabedelo / PB – CEP: 58310-000
Tel.: +55 (83) 3248 2141
E-Mail: brian@cabedelonautioca.com.br
Intern.: http://www.cabedelonautica.com.br
TO-Stützpunkt:
Christoph lebt auf seinem Katamaran genau vor Peters Pier er hat eine kleine Werkstätte gleich rechts auf der Straße nach Intermares. Christoph kann Segel- u. Canvasreparaturen ausführen und Holzarbeiten erledigen.
Christoph Lapawa
Praia do Jacare, Rua Projetada 180, PB – CEP.: 58310 000, Cabedelo PB, Brasil
Tel.: +55 (83) 81138579
E-Mail: Cabedelo@Trans-Ocean.org
Versorgung:
Bäckerei, kleine Geschäfte, ein Restaurant und Bar gleich im Village Jacare zwischen französischer Marina u. Peters Pier (ist auch der schnellste Weg zur Bahnstation).
In kaum 10 Minuten Fußmarsch erreicht man an der Bundesstraße 230 den Ortsteil Intermares (Abbildung 5). Dort gibt es zwei Tankstellen, in der größeren (östlicheren) gibt es einen Bankomat und eine Post. Auf der Straße Richtung Strand liegen drei Supermärkte, eine Bäckerei und einige kleinere Geschäfte. Der größte Supermarkt (Litoral) ungefähr in der Mitte gelegen, hat die beste Auswahl und bietet obendrein ein Taxiservice bei einem größeren Einkauf (ab R$ 250,–) und 5% Discount bei Barzahlung.
Wie üblich in Brasilien ist Bootszubehör schwierig zu bekommen. Jedoch gibt es in Joao Pessoa eine Menge Geschäfte, die von Motorersatzteilen bis zur Farbe alles anbieten. Mit dem Zug ist man in etwa 15 Minuten in der Stadt, keine 300m bergauf, gleich beim Hardwareviertel.
Autoren:
Barbara und Christoph Einspieler
SY-Taurus / Österreich / Wien
Stand: 08.2015
Anhang:
Brian haben wir einen Kartensatz zu verdanken, der speziell für uns Segler gedacht ist, den ich hier noch zusätzlich als Anhang veröffentlichen will.