Wir stehen derzeit im Fleuve Kourou, einem schlammigen Fluss direkt aus den tiefsten Regenwäldern Französisch Guyanas. Na ja, das Wasser hier ist nicht gerade einladend für einen beherzten Sprung ins kühlende Nass. Warm genug wäre es zwar, aber leider sind rund um uns Mangroven und daher ist die Sichtweite im Wasser nicht einmal eine Handlänge und es schwimmen aufgrund des hohen Nährstoffgehaltes alle möglichen Algen, Tierchen und sonstige Klein(st)lebewesen darin herum.
Aber es gibt hier eine unglaubliche Vielfalt an Tieren. Im Uferschlamm waten leuchtend rote Ibisse und laben sich an dicken rot-schwarzen Krebsen. Dazwischen stehen weiße und braune Reiher und schnappen nach den Schlammspringern und über allem hocken die hässlichen Aasgeier in den Bäumen und lauern darauf, dass irgendetwas für sie abfällt.
Sobald es zu dämmern beginnt startet ein unglaubliches Konzert, da unterstützen die Zikaden lautstark das Vogelkonzert und die Brüllaffen vom gegenüberliegenden Ufer versuchen dies alles zu übertönen. Es dauert zirka zwei Stunden bis es sich auf die normale nächtliche Lautstärke einpendelt, aber beim Morgengrauen setzt das Dschungelorchester wieder mit voller Besetzung ein. Dann sitzen auch die frechen kleinen Seeschwalben bereits frühmorgens auf den Genuaschoten, zwitschern uns ein Lied und linsen von oben in unsere Kojen, wann wir uns denn endlich von unserem Kopfpolster erheben wollen, die Sonne steht doch schon knapp über dem Horizont.
Hier muss man alles bereits möglichst früh erledigen, da es später einfach unerträglich heiß und schwül wird und außerdem alles zwischen 12:00 und 16:00 in einen komaähnlichen Zustand verfällt. Sogar die großen klimatisierten Supermärkte haben da geschlossen und vor 19 Uhr macht auch keine Bar oder Lokal wieder auf. Nur die allgegenwärtigen Chinesenläden sind da etwas flexibler. Da wir auch etwas vom Land sehen wollen, mieten wir uns für ein paar Tage ein Auto. Na ja, sehr viele Straßenkilometer hat Französisch Guyana ja nicht wirklich.
Im Prinzip nur eine Hauptstraße, die jedoch sehr gut ausgebaut ist, von St. George de l`Oyapok (Grenze nach Brasilien) bis St. Laurent du Maroni (Grenze nach Surinam), ganze 438 km lang. Die Nebenstraßen sind kaum erwähnenswert und meist nur Sandpisten. Der Rest des Landes ist nur per Luft- oder Wasserweg erreichbar, da sonst tiefster Dschungel wuchert. Hier ist der Regenwald, mit all seiner Tier- und Pflanzenwelt, noch zu 90% erhalten und somit ist der Ökotourismus, neben dem Weltraumbahnhof und den Mineralressourcen (Gold, Erdöl,…) ebenfalls ein wichtiger Wirtschaftsfaktor des Landes. Da Französisch Guyana ja zu Frankreich gehört, zahlt man hier mit Euro und das ferne Mutterland kümmert sich um alle wirtschaftlichen und sozialen Belange ihres Überseedepartments.
Obwohl hier eine sehr hohe Arbeitslosenrate herrscht, hat trotzdem jeder ein Auto und mindestens ein Mobiltelefon (Statussymbol). Dies merken wir als wir die 61 km von Kourou nach Cayenne fahren, denn die letzten 20 km stehen wir im Stau und beim Rausfahren aus der “Stadt“ ebenso. Die Altstadt von Cayenne ist ein farbenfrohes Nebeneinander aus alter Kolonialgeschichte und geschäftigen Markttreiben. Die Bevölkerung eine bunte Mischung aus schwarzen Afrikanern (Nachfahren d. Sklaven), amerindianischen Ureinwohnern, kakaobraunen Kariben und geschäftigen Asiaten. Der Markt wird von Hmongs, aus Laos eingewanderten Flüchtlingen, die den größten Teil der landwirtschaftlichen Güter anbauen und verkaufen, beherrscht.
So frisches Obst und Gemüse haben wir seit langem nichtmehr bekommen und erst die Suppenküchen – einfach zum Eingraben! Da wir sicher nicht alle Tiere des Regenwaldes in freier Natur kennenlernen und sehen werden, statten wir dem hiesigen Zoo (Reserve Animaliere Macourienne) einen Besuch ab. Der Eintritt von € 16,50 pro Kopf ist schon gesalzen, aber wenn wir schon mal da sind, gönnen wir uns dieses Vergnügen eben. Der Zoo ist relativ weitläufig, aber sehr naturbelassen, um nicht zu sagen verwahrlost. In manchen Gehegen ist kein Tier zu sichten, die Hinweistafeln sind nur auf Französisch und fehlen teilweise. Viele der Tiere, die wir sehen, liegen nur lethargisch in einer Ecke oder rennen nervös tiefe Gräben vor den Sichtfenstern.
Es gibt so gut wie keine “Spielzeuge“ für die Tiere zum Beschäftigen und die Mitarbeiter, die man zufällig mal trifft, sind auch nicht sehr auskunftsfreudig. Nur die neu gebaute Seilbrücke, die sich durch einen kleinen Teil des Regenwaldes spannt ist derzeit noch in gutem Zustand. Wir wundern uns gar nicht, dass wir hier fast die einzigen Besucher sind. So den Raketenstart haben wir ja schon gesehen, jetzt wollen wir natürlich auch das dazugehörige Space Center besichtigen. Da braucht man auf jeden Fall ein Auto, denn es gibt dorthin keine öffentlichen Verkehrsmittel und die (kostenlose!) Tour beginnt bereits um 7:30 Uhr. Also vorab mal schnell eine Reservierung gemacht, doch leider gibt es derzeit nur französische Führungen.
Aber was soll´s, verstehen wir halt nicht alles, Hauptsache ist doch dass wir die Anlagen sehen. Beim Einchecken schon die erste Überraschung, die Dame spricht perfekt englisch und entschuldigt sich, dass sie aus Zeitgründen nicht alles für uns übersetzen kann. Sie nimmt jedoch einen Kollegen mit, der uns begleitet und alles auf Englisch erklärt. So kommen wir in den Genuss einer Privatführung – was für ein Service! Wir werden in einen Bus verfrachtet und drei Stunden zu den verschiedenen Abschussrampen für Ariane 5, Vega und Soyuz kutschiert.
Stehen direkt im Kontrollzentrum, von wo erst vor wenigen Tagen der Start koordiniert wurde. Sehen die verschiedenen Werkhallen, wo der Treibstoff hergestellt wird bzw. die Satelliten zusammengeschustert werden. Es ist unglaublich wie weitläufig das Gelände ist und wie viel Sicherheitsvorkehrungen notwendig sind. Zu guter Letzt besuchen wir noch das Museum. Noch beeindruckt von der Tour, ist dies jedoch etwas enttäuschend für uns. Wir hätten mehr erwartet, aber es war eher lieblos und mit schlechter Beleuchtung gemacht.
Nur viele Schautafeln, aber kaum Raketenteile oder andere Exponate (speziell für einen Techniker, wie Christoph einer ist) – aber vielleicht sind auch unsere Erwartungen zu hoch. Wir stehen schon wieder zwei Wochen in Kourou, aber jetzt geht es wieder raus zu den Iles du Salut.