17.07.2016

Mi. 13.07.2016 – Seemannsgarn

Flaschenpost

Flaschenpost

Glaube niemals Seehandbüchern, Pilot-Charts oder langüberlieferten Berichten, denn sie stimmen nur in den seltensten Fällen. Wir sind jetzt bereits seit 15 Tagen unterwegs, aber den überall prophezeiten und permanenten Westwind, der uns auf dem Weg zu den Azoren begleiten sollte, haben wir bis jetzt noch nicht getroffen (na, vielleicht hat er ja auch den Anschluss verpasst). Wir haben, sofern der Wind sich dazu überhaupt bequemt zu wehen, ihn meistens aus NW. Ebenso dürfte der Golfstrom im Augenblick grad mal „out of oder“ sein. Wir haben ihn weder auf dem 40. Breitengrad noch etwas weiter nördlich gefunden. Tja, diese Erfahrung haben wir ja auch schon auf der Strecke von den Bahamas gemacht.

einfach nur Flaute

einfach nur Flaute

Dafür sind wir echte Entdecker, wir haben einen gefunden der von NO nach SW geht (also genau auf die Schnauze)?!? Irgendetwas dürfte da im Augenblick ganz falsch laufen. Vielleicht ist es El Nino oder einfach nur Pech, wir wissen es nicht. Auf jeden Fall haben wir von den anstehenden 2.100 Seemeilen gerade mal erst die Hälfte hinter uns. Unsere Kurslinie sieht manchmal aus, als wollten wir Walzer tanzen – mal auf dann ab und dazwischen ein Kringel nach dem anderen. Aber ich kann mich noch gut an unsere letzte Atlantiküberquerung 2001 erinnern, als wir einen Katamaran von Miami ins Mittelmeer überstellt haben.Cartoon2Da haben drei männliche Köpfe über den Pilot-Charts (für Nichtsegler -das sind Karten, die die vorherrschenden Windrichtungen und -stärke in Prozenten anzeigen) gebrütet und man hat buchstäblich die Fragezeichen über den rauchenden Köpfen gesehen, warum denn bloß die Prognosen mit der Wirklichkeit so gar nicht übereinstimmen. Tja, das ist eben das Problem zwischen Theorie und Wirklichkeit, alles ist relativ. Im Augenblick sehen wir es noch ganz relaxt, die Obst-und Gemüsevorräte sind noch ganz passabel, Fleisch und Fisch sind auch noch genügend da und der Bier- und Weinvorrat dürfte auch noch ein paar Tage ausreichen. Aber mal schauen, wie mein Kapitän reagiert, wenn sich unsere Versorgungslage verschlechtert. Jeder der ihn kennt, weiß was das heißt – Panik!!!

die Sonne versucht es tapfer

die Sonne versucht es tapfer

Ein anderes Phänomen, dass mich immer wieder fasziniert ist der Seenebel. Wenn man kaltes Wasser und warme Luft/Land hat, kann man sehr leicht in dicke Nebelbänke kommen. Er taucht oft unvermutet und ganz plötzlich auf (verschwindet aber ebenso schnell auch wieder). In dicken Walzen kommt er daher und ist meist nicht sehr hoch. Sehr oft sieht man seinen eigenen Bug nicht, aber dafür den Mast und den klaren Himmel darüber. Der Nebel an sich ist so dick, dass man fast glaubt ihn anfassen zu können. Ganz besonders spannend wird es wenn man in der Nähe von einer Schifffahrtsstraße ist, dann tuten die Nebelhörner und bimmeln die Schiffsglocken rundherum und man kann beim besten Willen nicht feststellen woher der Klang kommt.

Portugisische Galeere - wunderschön, aber gefährlich

Portugisische Galeere – wunderschön, aber gefährlich

Wir hatten dieses Phänomen mal wieder in einer der Nächte und ich hatte gerade einen SF-Horrorroman am Wickel, mit vielen Seemonstern und Nebel des Grauens – echt gruselig, vielleicht sollte ich doch lieber wieder auf Liebesromane umsteigen.

Kommentare

Hallo Barbara und Christoph!
Da Marianne und Alexander eure Route im Moment nicht verfolgen können, berichte ich ihnen über euer Weiterkommen. Sie freuen sich, dass ihr die Azoren erreicht habt und melden sich sobald sie wieder zu Hause sind. Liebe Grüße und alles Gute Doris

sytaurus hat am Juli 31st, 2016 14:21 geantwortet:

vielen Dank lieber Postbote – wir wissen ja wie sehnsüchtig sie immer auf Nachrichten von uns warten

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