Die letzten Tage hatten wir das ausgesprochen seltene Glück mit Südwind. Da sind wir dann immer im Zwiespalt zwischen Vernunft und Neugier, denn einerseits ist eine Ankerbucht schöner als die Andere und meistens gibt es im Hinterland noch allüberblickende Gipfel, verträumte Flussläufe oder versteckte Seen zu erkunden. Andererseits sollten wir natürlich den Wind ausnützen um Meilen gut zu machen und Diesel zu sparen. Da tut oft die Entscheidung weh, irgendetwas nicht zu sehen und zu wissen, dass wir höchstwahrscheinlich niemals wieder hierher kommen werden.
So sind wir vorgestern in den Estero Peel eingebogen und dann doch schweren Herzens nicht zu den Gletschern Amalia und Asia gefahren, weil der Himmel sich doch zu sehr bedeckt gehalten hatte. (war ein Glück, denn wie wir am Abend erfahren haben, ist ein anderes Schiff dort 2 Tage gestanden und hat außer Wolken und Nebel gar nichts gesehen). Dieser Abstecher hätte uns gute zwei Tage gekostet, in denen wir jedoch jetzt knappe 160 sm in Richtung Norden mit angenehmen Raum- bzw. Vorwindkurs geschafft haben.
Dafür haben wir im schmalen Kanal zwischen Isla Chatham und Isla Peel einen großen Wal gesehen – laut unseren Bestimmungsbüchern müsste es ein Blauwal sein, wir hätten jedoch nie gedacht, dass die so weit in die Kanäle rein schwimmen. Seit gestern liegen wir in der traumhaft spiegelglatten Caleta Sally,
ganz in der Nähe von einem der größten bis ins Wasser reichenden Gletscher, dem Pio XI, der mit seiner Abbruchkante von 3,5 km und einer Eiszäpfchenhöhe von 50m schon sehr beeindruckend ist, speziell wenn man mit dem eigenen Schiff knappe 150 m davor steht.
Heute sind wir bei herrlichstem Sonnenschein (hier sehr selten) jedoch nur 6°C direkt zwischen den Eisschollen und Minieisbergen gestanden und haben den Anblick sprachlos genossen. Christoph ist mit dem Dinghy auf Expedition gegangen und hat ein paar der Eisberge für unseren Eiswürfelvorrat (Pisco-Cola schmeckt nämlich nur richtig gut mit Gletschereis) annektiert.
Wir sind schon sehr froh über unsere Entscheidung doch bis hier durchgefahren zu sein, denn heute Abend dreht bereits der Wind wieder auf Nord und dann dürfen wir uns wieder unter Maschine die Kanäle hochkämpfen – aber den heutigen Tag hatten wir uns ehrlich verdient und genossen.
sytaurus hat am April 27th, 2011 22:07 geantwortet:
Dort solltet ihr auch mal hinfahren, ist wirklich sehr beeindruckend. Wahrscheinlich kommen wir sogar nochmals nach Argentinien (Bariloche und Umgebung) – irgendwie kommen wir von eurer Heimat nicht los. Danke für`s pusten hilft uns sehr!